Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Unlautere Geschäftspraktiken. Anwendungsbereich. Begriff ‚Geschäftspraktiken’. Dienstleistungen im Binnenmarkt. Strafrecht. Genehmigungsregelungen. Hochschulwesen. ‚Master’-Abschlusszeugnis. Verbot, bestimmte Grade ohne Berechtigung zu verleihen

 

Normenkette

Richtlinie 2005/29/EG; Richtlinie 2006/123/EG

 

Beteiligte

Kirschstein

Freddy Lucien Magdalena Kirschstein

Thierry Frans Adeline Kirschstein

 

Tenor

1. Die Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass sie auf eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht anwendbar ist, die strafrechtliche Sanktionen gegen Personen vorsieht, die – ohne vorherige Ermächtigung der zuständigen Behörde – einen „Master”-Grad verleihen.

2. Art. 1 Abs. 5 in Verbindung mit den Art. 9 und 10 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegensteht, die strafrechtliche Sanktionen gegen Personen vorsieht, die – ohne vorherige Ermächtigung der zuständigen Behörde – einen „Master”-Grad verleihen, sofern die Voraussetzungen, denen die Erteilung einer Berechtigung zur Verleihung dieses Grades unterworfen ist, mit Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie vereinbar sind, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van beroep te Antwerpen (Berufungsgericht Antwerpen, Belgien) mit Entscheidung vom 7. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Juni 2017, in dem Strafverfahren gegen

Freddy Lucien Magdalena Kirschstein,

Thierry Frans Adeline Kirschstein,

Beteiligte:

Vlaamse Gemeenschap,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer sowie der Richter J. Malenovský, L. Bay Larsen (Berichterstatter), M. Safjan und D. Šváby,

Generalanwalt: M. Bobek,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juli 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Herren Kirschstein, vertreten durch T. Bauwens, H. de Bauw und M. Vandebeek, advocaten,
  • der Vlaamse Gemeenschap, vertreten durch J. Vandeuren und P. Vansteenkiste, advocaten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von Y. Moussoux und M. Karolinski, avocats,
  • der deutschen Regierung, zunächst vertreten durch T. Henze und J. Möller, dann durch J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Varrone, avvocato dello Stato,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch J. Langer und M. K. Bulterman als Bevollmächtigte,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigte,
  • der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, H. Shev, L. Zettergren und A. Alriksson als Bevollmächtigte,
  • der norwegischen Regierung, vertreten durch T. Sunde und M. Reinertsen Norum als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Wilman, A. Nijenhuis, N. Ruiz García und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. November 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. 2005, L 149, S. 22) und der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. 2006, L 376, S. 36).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Strafverfahrens gegen die Herren Freddy und Thierry Kirschstein wegen eines mutmaßlichen Verstoßes gegen eine nationale Strafbestimmung, mit der die Verleihung des „Master”-Grades ohne die dazu erforderliche Berechtigung geahndet wird.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2005/29

Rz. 3

Im siebten Erwägungsgrund der Richtlini...

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