Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Eigenmittel der Europäischen Union. Finanzielle Verantwortung eines Mitgliedstaats. Zahlung von Beträgen, die einem Verlust an Eigenmitteln entsprechen, an die Europäische Kommission. Klage wegen ungerechtfertigter Bereicherung der Union. Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Eigenmittel. Feststellung der Eigenmittelbeträge. Aufnahme der nicht eingezogenen Beträge in die Buchführung B. Fristen. Aufhebung der Verpflichtung, die den festgestellten Ansprüchen entsprechenden Beträge zur Verfügung zu stellen, die für uneinbringlich erklärt wurden. Voraussetzungen
Beteiligte
Kommission/ Tschechische Republik (Briquets de poche) |
Tenor
1.Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Mai 2022, Tschechische Republik/Kommission (T-151/20, EU:T:2022:281), wird aufgehoben, soweit es in Nr. 1 des Tenors dieses Urteils der Klage der Tschechischen Republik insoweit stattgegeben hat, als sie auf die Erstattung des Betrags von 17 828 399,66 tschechischen Kronen (CZK) (ca. 700 000 Euro), der als Eigenmittel der Europäischen Union gezahlt wurde, durch die Europäische Kommission gerichtet ist.
2.Die Klage in der Rechtssache T-151/20 wird abgewiesen, soweit sie auf die Erstattung des als Eigenmittel der Europäischen Union gezahlten Betrags von 17 828 399,66 tschechischen Kronen (CZK) (ca. 700 000 Euro) durch die Europäische Kommission gerichtet ist.
3.Die Tschechische Republik trägt ihre eigenen Kosten sowie die der Europäischen Kommission sowohl im Verfahren des ersten Rechtszugs als auch im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.
4.Das Königreich Belgien, das Königreich der Niederlande und die Republik Polen tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache C-494/22 P
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 22. Juli 2022,
Europäische Kommission,vertreten durch J.-P. Keppenne, T. Materne und P. Němečková als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführerin,
andere Parteien des Verfahrens:
Tschechische Republik,vertreten durch L. Březinová, O. Serdula, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
Klägerin im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Königreich der Niederlande,vertreten durch M. K. Bulterman, A. Hanje und J. Langer als Bevollmächtigte,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
Königreich Belgien,zunächst vertreten durch S. Baeyens und J.-C. Halleux, dann durch S. Baeyens, P. Cottin und C. Pochet als Bevollmächtigte,
Republik Polen,vertreten durch B. Majczyna, A. Kramarczyk–Szaładzińska und R. Stańczyk als Bevollmächtigte,
Streithelfer im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe (Berichterstatterin), des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Dritten Kammer sowie der Richter N. Piçarra, N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Januar 2024,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 21. März 2024
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die teilweise Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Mai 2022, Tschechische Republik/Kommission (T-151/20, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2022:281), mit dem das Gericht der Klage der Tschechischen Republik nach Art. 268 AEUV auf Erstattung des Betrags von 40 482 255 tschechischen Kronen (CZK) (ca. 1,6 Mio. Euro), der als Eigenmittel der Europäischen Union gezahlt wurde, teilweise stattgegeben hat.
Rechtlicher Rahmen
Zollkodex
Rz. 2
Art. 217 Abs. 1 Unterabs. 1 der zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt geltenden Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) sah vor:
„Jeder einer Zollschuld entsprechende Einfuhr- oder Ausfuhrabgabenbetrag – nachstehend ‚Abgabenbetrag‘ genannt – muss unmittelbar bei Vorliegen der erforderlichen Angaben von den Zollbehörden berechnet und in die Bücher oder in sonstige stattdessen verwendete Unterlagen eingetragen werden (buchmäßige Erfassung).“
Rz. 3
Art. 218 des Zollkodex bestimmte:
„(1) Entsteht eine Zollschuld durch die Annahme der Zollanmeldung einer Ware zu einem anderen Zollverfahren als der vorübergehenden Verwendung unter teilweiser Befreiung von den Einfuhrabgaben oder durch andere Handlungen mit gleicher rechtlicher Wirkung wie diese Annahme, so erfolgt die buchmäßige Erfassung des dieser Zollschuld entsprechenden Betrags unmittelbar nach Berechnung dieses Betrags, spätestens jedoch am zweiten Tag nach dem Tag, an dem die Ware überlassen worden ist.
…
(3) Entsteht eine Zollschuld unter anderen als den in Absatz 1 vorgesehenen Voraussetzungen, so erfolgt die buchmäßige Erfassung des entsprechenden Abgabenbetrags innerhalb von zwei Tagen nach dem Tag, an dem d...