Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichtigkeitsklage. Verordnung (EG) Nr. 1013/2006. Verbringung von Abfällen. Wahl der Rechtsgrundlage. Art. 133 EG und Art. 175 Abs. 1 EG
Beteiligte
Kommission / Parlament und Rat |
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Rat der Europäischen Union |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften trägt die Kosten.
3. Die Französische Republik, die Republik Österreich und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG, eingereicht am 2. Oktober 2006,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch G. Valero Jordana, M. Huttunen und M. Konstantinidis als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Europäisches Parlament, vertreten durch I. Anagnostopoulou und U. Rösslein als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Moore und K. Michoel als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
unterstützt durch
Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues, A. Adam und G. Le Bras als Bevollmächtigte,
Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch E. Jenkinson, E. O'Neil und S. Behzadi-Spencer als Bevollmächtigte im Beistand von A. Dashwood, Barrister,
Streithelfer,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), A. Rosas, K. Lenaerts, A. Ó Caoimh und J.-C. Bonichot, der Richter E. Juhász, G. Arestis, A. Borg Barthet, U. Lõhmus und L. Bay Larsen sowie der Richterin P. Lindh,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Januar 2009,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. März 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften beantragt mit ihrer Klageschrift die Nichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. L 190, S. 1, im Folgenden: angefochtene Verordnung) insofern, als sie nicht auf Art. 175 Abs. 1 EG und Art. 133 EG, sondern lediglich auf Art. 175 Abs. 1 EG gestützt ist.
Rechtlicher Rahmen
Basler Übereinkommen
Rz. 2
In den Erwägungsgründen 8 bis 10 der Präambel des Übereinkommens über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und ihrer Entsorgung, das am 22. März 1989 in Basel unterzeichnet und mit Beschluss 93/98/EWG des Rates vom 1. Februar 1993 (ABl. L 39, S. 1) im Namen der Gemeinschaft genehmigt wurde (im Folgenden: Basler Übereinkommen), heißt es:
„überzeugt, dass gefährliche Abfälle und andere Abfälle in dem Staat entsorgt werden sollen, in dem sie erzeugt wurden, soweit dies mit einer umweltgerechten und wirksamen Behandlung vereinbar ist,
sowie in dem Bewusstsein, dass eine grenzüberschreitende Verbringung solcher Abfälle aus dem Erzeugerstaat in einen anderen Staat nur erlaubt werden soll, wenn sie unter Bedingungen erfolgt, welche die menschliche Gesundheit und die Umwelt nicht gefährden und mit diesem Übereinkommen vereinbar sind,
in der Erwägung, dass eine verstärkte Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung gefährlicher Abfälle und anderer Abfälle ihrer umweltgerechten Behandlung und einer Verringerung des Umfangs der grenzüberschreitenden Verbringung förderlich sein wird”.
Rz. 3
In Art. 2 Nr. 4 dieses Übereinkommens wird der Begriff „Entsorgung” als „jedes in Anlage IV aufgeführte Verfahren” definiert. Diese Anlage IV enthält ein Verzeichnis verschiedener Arten von Entsorgungsverfahren, darunter, in Abschnitt B dieser Anlage, die Gruppe der „Verfahren, bei denen Wiedergewinnung, Verwertung, Rückgewinnung und unmittelbare oder andere Wiederverwendung möglich ist”.
Angefochtene Verordnung
Rz. 4
Die angefochtene Verordnung wurde erlassen, um die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 259/93 des Rates vom 1. Februar 1993 zur Überwachung und Kontrolle der Verbringung von Abfällen in der, in die und aus der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 30, S. 1) zu ersetzen und zu aktualisieren. Die letztgenannte, auf Art. 130s EWG-Vertrag (später Art. 130s EG-Vertrag, nach Änderung jetzt Art. 175 EG) gestützte Verordnung wurde u. a. zur Umsetzung der sich aus dem Basler Übereinkommen ergebenden Verpflichtungen erlassen.
Rz. 5
Nach ihrem fünften Erwägungsgrund soll mit der angefochtenen Verordnung auch der Inhalt des Beschlusses C(2001)107 endg. des Rates der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zur Änderung des Beschlusses C(92)39 endg. über die Kontrolle der grenzüberschreitenden Verbringung von zur Verwertung bestimmten Abfällen (im Folgenden: OEC...