Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollunion. Zollkodex der Gemeinschaften. Verordnung (EWG). Ermittlung des Zollwerts. Transaktionswert. Begriff ‚verbundene Personen’. Heranziehung von Informationen aus einer nationalen Datenbank zum Zweck der Ermittlung des Zollwerts. Verordnung. Situationen, in denen Personen als verbunden gelten. Begründete Zweifel an der Richtigkeit des angegebenen Preises
Normenkette
EWGV 913/92 Art. 29 Abs. 1 Buchst. d; EWGV 2454/93 Art. 143 Abs. 1 Buchst. b, e, f.; EWGV 2913/92 Art. 31 Abs. 1
Beteiligte
Muitinės departamentas prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos |
Verfahrensgang
Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Litauen) (Beschluss vom 03.11.2020; ABl. EU 2021 Nr. C 35/36) |
Tenor
1. Art. 29 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung sowie Art. 143 Abs. 1 Buchst. b, e und f der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates in der durch die Verordnung (EG) Nr. 46/1999 der Kommission vom 8. Januar 1999 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass
- nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Käufer und der Verkäufer im Rechtssinne Gesellschafter sind oder aufgrund eines unmittelbaren oder mittelbaren rechtlichen Kontrollverhältnisses miteinander verbunden sind, wenn es keine Unterlagen gibt, aus denen sich eine solche Verbindung ableiten lässt;
- der Käufer und der Verkäufer aufgrund eines unmittelbaren oder mittelbaren tatsächlichen Kontrollverhältnisses als miteinander verbunden angesehen werden können, wenn die durch objektive Anhaltspunkte belegten Bedingungen des Abschlusses der fraglichen Geschäfte nicht nur als Hinweis darauf angesehen werden können, dass zwischen dem Käufer und dem Verkäufer eine enge Vertrauensbeziehung besteht, sondern auch darauf, dass einer von ihnen in der Lage ist, dem anderen Beschränkungen aufzuerlegen oder Anweisungen zu erteilen, oder dass ein Dritter ihnen gegenüber dazu in der Lage ist.
2. Art. 31 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2913/92 in der durch die Verordnung Nr. 82/97 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er dem nicht entgegensteht, dass der Zollwert einer eingeführten Ware, wenn er nicht gemäß den Art. 29 und 30 dieser Verordnung ermittelt werden konnte, auf der Grundlage von Informationen in einer nationalen Datenbank über den Zollwert der einzigen Waren desselben Ursprungs ermittelt wird, die zwar nicht „gleichartig” im Sinne von Art. 142 Abs. 1 Buchst. d der Verordnung Nr. 2454/93 in der durch die Verordnung Nr. 46/1999 geänderten Fassung sind, aber unter denselben TARIC-Code fallen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht Litauens) mit Entscheidung vom 3. November 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2020, in dem Verfahren
„Baltic Master” UAB
gegen
Muitinės departamentas prie Lietuvos Respublikos finansų ministerijos,
Beteiligte:
Vilniaus teritorinė muitinė,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal, der Richter J. Passer, F. Biltgen und N. Wahl (Berichterstatter) sowie der Richterin M. L. Arastey Sahún,
Generalanwalt: N. Emiliou,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. November 2021,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der „Baltic Master” UAB, vertreten durch D. Aukštuolytė, Advokatė,
- der litauischen Regierung, vertreten durch K. Dieninis, S. Grigonis und V. Kazlauskaitė-Švenčionienė als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch O. Serdula, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
- der estnischen Regierung, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte,
- der spanischen Regierung, vertreten durch J. Rodríguez de la Rúa Puig als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. Bain, A.-L. Desjonquères, D. Dubois und C. Mosser als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und A. Hanje als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch F. Clotuche-Duvieusart und J. Jokubauskaitė als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Januar 2022
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 29 Abs. 1 Buchst. d und Art. 31 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. 1992, L 302, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 (ABl. 1997, L 17, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Zoll...