Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständiger Handelsvertreter, der seine Tätigkeit in einem Mitgliedstaat ausübt. In einem Drittland ansässiger Unternehmer. Klausel, nach der der Handelsvertretervertrag dem Recht des Staates der Niederlassung des Unternehmers unterliegt
Normenkette
Richtlinie 86/653/EWG
Beteiligte
Eaton Leonard Technologies Inc |
Verfahrensgang
Court of Appeal of England and Wales (Großbritannien) |
Gründe
1.
Der Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) hat mit Beschluss vom 31. Juli 1998, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Oktober 1998, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag (jetzt Artikel 234 EG) eine Frage nach der Auslegung der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter (ABl. L 382, S. 17; im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2.
Diese Frage stellt sich im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Ingmar GB Ltd (im Folgenden: Klägerin), einer Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, und der Eaton Leonard Technologies Inc. (im Folgenden: Beklagte) mit Sitz in Kalifornien über die Zahlung einer Geldsumme wegen der Beendigung eines Handelsvertretervertrags.
Rechtlicher Rahmen
Das Gemeinschaftsrecht
3.
Nach ihrer zweiten Begründungserwägung wurde die Richtlinie unter Berücksichtigung des Umstandes erlassen, dass die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Handelsvertretungen … die Wettbewerbsbedingungen und die Berufsausübung innerhalb der Gemeinschaft spürbar [beeinflussen] und … den Umfang des Schutzes der Handelsvertreter in ihren Beziehungen zu ihren Unternehmen sowie die Sicherheit im Handelsverkehr [beeinträchtigen].
4.
In den Artikeln 17 und 18 der Richtlinie werden die Bedingungen festgelegt, unter denen der Handelsvertreter bei Vertragsende Anspruch auf einen Ausgleich oder Ersatz des Schadens hat, der ihm durch die Beendigung des Vertragsverhältnisses mit dem Unternehmer entstanden ist.
5.
Artikel 17 Absatz 1 der Richtlinie lautet:
Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen dafür, dass der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses Anspruch auf Ausgleich nach Absatz 2 oder Schadensersatz nach Absatz 3 hat.
6.
Artikel 19 der Richtlinie lautet:
Die Parteien können vor Ablauf des Vertrages keine Vereinbarungen treffen, die von Artikel 17 und 18 zum Nachteil des Handelsvertreters abweichen.
7.
Nach Artikel 22 Absätze 1 und 3 war die Richtlinie vor dem 1. Januar 1990, im Fall des Vereinigten Königreichs vor dem 1. Januar 1994 umzusetzen. Nach Absatz 1 finden die nationalen Übergangsvorschriften zumindest auf die nach ihrem Inkrafttreten geschlossenen Verträge und auf laufende Verträge jedenfalls spätestens am 1. Januar 1994 Anwendung.
Nationales Recht
8.
Im Vereinigten Königreich wurde die Richtlinie durch die Commercial Agents (Council Directive) Regulations 1993 (Regelung zur Umsetzung einer Richtlinie des Rates über die Handelsvertreter, im Folgenden: Regulations) umgesetzt, die am 1. Januar 1994 in Kraft getreten sind.
9.
Regulation 1 Absätze 2 und 3 bestimmt:
(2)
Diese Regulations gelten für die Rechtsbeziehungen zwischen Handelsvertretern und ihren Unternehmern und finden unter den Voraussetzungen von Absatz 3 auf die Tätigkeit von Handelsvertretern in Großbritannien Anwendung.
(3)
Die Regulations 3 bis 22 finden keine Anwendung, wenn die Parteien vereinbart haben, dass der Vertretungsvertrag dem Recht eines anderen Mitgliedstaats unterliegen soll.
Das Ausgangsverfahren
10.
Die Parteien schlossen 1989 einen Vertrag, durch den die Klägerin zur Handelsvertreterin der Beklagten im Vereinigten Königreich bestellt wurde. Eine Vertragsklausel sah vor, dass der Vertrag kalifornischem Recht unterliegen solle.
11.
Der Vertrag wurde 1996 beendet. Die Klägerin erhob daraufhin Klage vor dem High Court of Justice (England & Wales), Queen?s Bench Division, auf Zahlung einer Provision und – nach Regulation 17 – einer Entschädigung für die Beendigung ihres Vertragsverhältnisses mit der Beklagten.
12.
Mit Urteil vom 23. Oktober 1997 entschied der High Court, dass die Regulations nicht anzuwenden seien, da der Vertrag kalifornischem Recht unterliege.
13.
Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung Berufung bei dem Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) ein; dieser hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Nach englischem Recht wird dem von den Parteien gewählten anzuwendenden Recht Wirksamkeit zuerkannt, sofern nicht Gründe des ordre public wie z. B. eine zwingendeBestimmung dem entgegenstehen. Sind unter diesen Umständen die Bestimmungen der Richtlinie 86/653/EWG des Rates in der in das Recht der Mitgliedstaaten umgesetzten Form, insbesondere die Bestimmungen über die Entschädigungszahlung für die Handelsvertreter bei Ablauf ihrer Vereinbarungen mit den Unternehmern, anzuwenden, wenn
- ein Unternehmer einen Handelsvertreter im Vereinig...