Entscheidungsstichwort (Thema)
Marken. Richtlinie 89/104/EWG. Art. 12. Verfall. Von einem ideellen Verein angemeldete Zeichen. Begriff der ernsthaften Benutzung einer Marke. Karitative Tätigkeiten
Beteiligte
Bundesvereinigung Kameradschaft „Feldmarschall Radetzky” |
Tenor
Art. 12 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass eine Marke ernsthaft benutzt wird, wenn ein ideeller Verein sie in der Öffentlichkeit auf Ankündigungen von Veranstaltungen, auf Geschäftspapieren und auf Werbematerial verwendet und sie von seinen Mitgliedern beim Sammeln und Verteilen von Spenden in der Form verwendet wird, dass die Mitglieder entsprechende Ansteckzeichen tragen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Obersten Patent- und Markensenat (Österreich) mit Entscheidung vom 27. Juni 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 27. September 2007, in dem Verfahren
Verein Radetzky-Orden
gegen
Bundesvereinigung Kameradschaft „Feldmarschall Radetzky”
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts, M. ilešič (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh sowie der Richter G. Arestis, A. Borg Barthet, J. Malenovský, U. Lõhmus, E. Levits und L. Bay Larsen,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Juni 2008,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Vereins Radetzky-Orden, vertreten durch die Rechtsanwälte E. Fichtenbauer und K. Krebs,
- der Bundesvereinigung Kameradschaft „Feldmarschall Radetzky”, vertreten durch Patentanwalt P. Israiloff,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Krämer als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. September 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Verein Radetzky-Orden (im Folgenden: Radetzky-Orden) und der Bundesvereinigung Kameradschaft „Feldmarschall Radetzky” (im Folgenden: BKFR) wegen Verfalls der dem ideellen Verein BKFR zustehenden Marken mangels ernsthafter Benutzung.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:
„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen …”
Rz. 4
Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es: „Da alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft durch die [am 20. März 1883 in Paris unterzeichnete Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, zuletzt revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979 (United Nations Treaty Series, Band 828, Nr. 11851, S. 305, im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft)] gebunden sind, ist es erforderlich, dass sich die Vorschriften dieser Richtlinie mit denen der erwähnten Pariser Verbandsübereinkunft in vollständiger Übereinstimmung befinden. …”
Rz. 5
Im österreichischen Recht bestimmt § 10a des Markenschutzgesetzes 1970 (BGBl. 260/1970, im Folgenden: MSchG):
„Als Benutzung eines Zeichens zur Kennzeichnung einer Ware oder Dienstleistung wird insbesondere angesehen:
- das Zeichen auf Waren, auf deren Aufmachung oder auf Gegenständen, an denen die Dienstleistung ausgeführt wird oder ausgeführt werden soll, anzubringen,
- unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen,
- Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen,
- das Zeichen in den Geschäftspapieren, in Ankündigungen oder in der Werbung zu benutzen.”
Rz. 6
§ 33a Abs. 1 MSchG lautet:
„Jedermann kann die Löschung einer seit mindestens fünf Jahren im Inland registrierten oder gemäß § 2 Abs. 2 in Österreich Schutz genießenden Marke begehren, soweit diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb der letzten fünf Jahre vor dem Tag der Antragstellung im Inland weder vom Markeninhaber noch mit dessen Zustimmung von einem Dritten ernsthaft kennzeichenmäßig benutzt (§ 10a) wurde, es sei denn, dass der Markeninhaber die Nichtbenutzung rechtfertigen kann.”
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
Rz. 7
Die BKFR widmet sich zum e...