Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Erhebung von Einfuhrzoll, Berechnungsmethode für Zusatzzölle, Geflügelfleisch, Cif-Einfuhrpreis, Höherer Importpreis als Auslösungspreis
Normenkette
EGV 1484/95 Art. 3 Abs. 4-5, Art. 4
Beteiligte
Staatssecretaris van Financiën |
Verfahrensgang
Hoge Raad der Nederlanden (Niederlande) (Beschluss vom 23.02.2018; ABl. EU 2018 Nr. C 182/10) |
Tenor
1.Art. 3 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sowie für Eieralbumin, zur Festsetzung dieser zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 163/67/EWG in der durch die Verordnung (EU) Nr. 248/2010 der Kommission vom 24. März 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Umstand, dass die in die Union eingeführten Waren mit Verlust, d. h. zu einem Preis unter dem in der Zollanmeldung angegebenen cif-Einfuhrpreis, verkauft wurden, für sich allein nicht die Feststellung zulässt, dass der cif-Einfuhrpreis nicht bestätigt worden ist, wenn der Einführer nachweist, dass alle Bedingungen im Zusammenhang mit dem Versand der Waren diesen Preis bestätigen.
2.Art. 3 Abs. 5 und Art. 4 der Verordnung Nr. 1484/95 in der durch die Verordnung Nr. 248/2010 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass die Zollbehörden, wenn ein Einführer die Richtigkeit des in der Zollanmeldung angegebenen cif-Einfuhrpreises nicht nachweisen konnte, diesen Preis außer Betracht lassen und auf die in den Art. 29 bis 31 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in der durch die Verordnung (EG) Nr. 82/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 geänderten Fassung vorgesehenen Methoden zur Bestimmung des Zollwerts der eingeführten Waren zurückgreifen müssen, um zusätzliche Zölle anzuwenden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hoge Raad der Nederlanden (Oberster Gerichtshof der Niederlande) mit Entscheidung vom 23. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 28. Februar 2018, in dem Verfahren
X BV
gegen
Staatssecretaris van Financiën
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Vierten Kammer, des Richters D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters N. Piçarra,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2019,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der X BV, vertreten durch A. Baert und P. Heeren, advocaten, sowie durch R. Ramautarsing, K. Winters und L. Gilhuijs,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und C. S. Schillemans als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch W. Roels und B. Hofstötter als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 13. Juni 2019
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2, 4 und 5 der Verordnung (EG) Nr. 1484/95 der Kommission vom 28. Juni 1995 mit Durchführungsbestimmungen zur Regelung der zusätzlichen Einfuhrzölle in den Sektoren Geflügelfleisch und Eier sowie für Eieralbumin, zur Festsetzung dieser zusätzlichen Einfuhrzölle und zur Aufhebung der Verordnung Nr. 163/67/EWG (ABl. 1995, L 145, S. 47), in der durch die Verordnung (EU) Nr. 248/2010 der Kommission vom 24. März 2010 (ABl. 2010, L 79, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 1484/95).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der X BV und dem Staatssecretaris van Financiën (Staatssekretär für Finanzen, Niederlande) über einen Zahlungsbescheid über zusätzliche Einfuhrzölle für gefrorenes Geflügelfleisch mit Ursprung in Brasilien.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung über die einheitliche GMO
Rz. 3
Art. 141 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 vom 22. Oktober 2007 über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte und mit Sondervorschriften für bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse (Verordnung über die einheitliche GMO) (ABl. 2007, L 299, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 491/2009 des Rates vom 25. Mai 2009 (ABl. 2009, L 154, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung über die einheitliche GMO) sah vor:
„(1) Zur Vermeidung oder Behebung von Nachteilen, die sich aus der Einfuhr bestimmter Erzeugnisse der Sektoren Getreide, Reis, Zucker, Obst und Gemüse, Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse, Rindfleisch, Milch und Milcherzeugnisse, Schweinefleisch, Schaf- und Ziegenfleisch, Eier, Geflügelfleisch und Bananen sowie von Traubensaft und Traubenmost für den Gemeinschaftsmarkt ergeben können, wird bei der Einfuhr eines oder mehrerer dieser Erzeugnisse zu dem in den Artikeln 135 bis 140a gena...