Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Strenges Schutzsystem für Tierarten. Canis lupus (Wolf). Natürliches Verbreitungsgebiet. Fang und Transport eines wildlebenden Exemplars der Art canis lupus. Öffentliche Sicherheit

 

Normenkette

Richtlinie 92/43/EWG Art. 12 Abs. 1; Richtlinie 92/43/EWG Anhang IV; Richtlinie 92/43/EWG Art. 16 Abs. 1

 

Beteiligte

Alianţa pentru combaterea abuzurilor

Alianţa pentru combaterea abuzurilor

TM

UN

Direcţia pentru Monitorizarea şi Protecţia Animalelor

 

Tenor

Art. 12 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen in der durch die Richtlinie 2013/17/EU vom 13. Mai 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Fang und der Transport eines Exemplars einer nach Anhang IV dieser Richtlinie geschützten Tierart wie des Wolfs am Rande eines menschlichen Siedlungsgebiets oder in einem solchen Gebiet unter das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot fallen können.

Art. 16 Abs. 1 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass alle Formen des absichtlichen Fangs von Exemplaren dieser Tierart unter den oben genannten Umständen verboten sind, wenn die zuständige nationale Behörde keine Ausnahme auf der Grundlage dieser Bestimmung gewährt hat.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Judecătoria Zărneşti (Gericht erster Instanz Zărneşti, Rumänien) mit Entscheidung vom 15. November 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Februar 2019, in dem Verfahren

Alianţa pentru combaterea abuzurilor

gegen

TM,

UN,

Direcţia pentru Monitorizarea şi Protecţia Animalelor

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter) sowie der Richter P. G. Xuereb und T. von Danwitz,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Alianţa pentru combaterea abuzurilor, vertreten durch C. Dumitriu und C. Feher,
  • der rumänischen Regierung, zunächst vertreten durch E. Gane, L. Liţu und C.-R. Canţăr, dann durch E. Gane und L. Liţu als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G.-D. Balan und C. Hermes als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. Februar 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7) in der durch die Richtlinie 2013/17/EU vom 13. Mai 2013 (ABl. 2013, L 158, S. 193) geänderten Fassung (im Folgenden: Habitatrichtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Alianţa pentru combaterea abuzurilor, einem Verein, auf der einen Seite und TM, Mitglied der Direcţia pentru Monitorizarea şi Protecţia Animalelor (im Folgenden: DMPA), einer Tierschutzvereinigung, UN, einer Tierärztin, und der DMPA auf der anderen Seite über den Fang und den Transport eines wildlebenden Exemplars der Art canis lupus (Wolf) unter unangemessenen Bedingungen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 1 („Begriffsbestimmungen”) der Habitatrichtlinie sieht vor:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

b) ‚Natürlicher Lebensraum’: durch geographische, abiotische und biotische Merkmale gekennzeichnete völlig natürliche oder naturnahe terrestrische oder aquatische Gebiete.

f) ‚Habitat einer Art’: durch spezifische abiotische und biotische Faktoren bestimmter Lebensraum, in dem diese Art in einem der Stadien ihres Lebenskreislaufs vorkommt.

k) ‚Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung [bzw. von gemeinschaftlichem Interesse]’: …

Bei Tierarten, die große Lebensräume beanspruchen, entsprechen die Gebiete von gemeinschaftlichem Interesse den Orten im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Arten, welche die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente aufweisen.

…”

Rz. 4

Art. 2 der Habitatrichtlinie lautet:

„(1) Diese Richtlinie hat zum Ziel, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten, für das der Vertrag Geltung hat, beizutragen.

(2) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen zielen darauf ab, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse zu bewahren oder wiederherzustellen.

(3) Die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen tragen den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 der Habitatrichtlinie lautet:

„Anhand der in Anhang III (Phase 1) festgelegten Kriterien und einschl...

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