Entscheidungsstichwort (Thema)
Brüsseler Übereinkommen. Artikel 16 Nummer 4. Klagen, die die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten zum Gegenstand haben. Ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts des Ortes der Hinterlegung oder Registrierung. Klage auf Feststellung der Nichtverletzung. Inzident aufgeworfene Frage der Gültigkeit des Patents
Beteiligte
Gesellschaft für Antriebstechnik mbH & Co. KG |
Lamellen und Kupplungsbau Beteiligungs KG |
Tenor
Artikel 16 Nummer 4 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in seiner letzten Fassung gemäß dem Übereinkommen vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden ist in dem Sinne auszulegen, dass die ausschließliche Zuständigkeitsregel, die er aufstellt, alle Arten von Rechtsstreitigkeiten über die Eintragung oder die Gültigkeit eines Patents betrifft, unabhängig davon, ob die Frage klageweise oder einredeweise aufgeworfen wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach dem Protokoll vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof, eingereicht vom Oberlandesgericht Düsseldorf (Deutschland) mit Entscheidung vom 5. Dezember 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Januar 2003, in dem Verfahren
Gesellschaft für Antriebstechnik mbH & Co. KG
gegen
Lamellen und Kupplungsbau Beteiligungs KG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter), der Richterin N. Colneric sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues, M. Ilešič und E. Levits,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed,
Kanzler: F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juli 2004,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Gesellschaft für Antriebstechnik mbH & Co. KG, vertreten durch Rechtsanwalt T. Musmann,
- der Lamellen und Kupplungsbau Beteiligungs KG, vertreten durch Rechtsanwalt T. Reimann,
- der deutschen Regierung, vertreten durch R. Wagner als Bevollmächtigten,
- der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und A. Bodard-Hermant als Bevollmächtigte,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch K. Manji als Bevollmächtigten im Beistand von D. Alexander, Barrister,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A.-M. Rouchaud und S. Grünheid als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. September 2004
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Artikel 16 Nummer 4 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) in der Fassung des Übereinkommens vom 9. Oktober 1978 über den Beitritt des Königreichs Dänemark, Irlands und des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland (ABl. L 304, S. 1 und – geänderter Text – S. 77), des Übereinkommens vom 25. Oktober 1982 über den Beitritt der Republik Griechenland (ABl. L 388, S. 1), des Übereinkommens vom 26. Mai 1989 über den Beitritt des Königreichs Spanien und der Portugiesischen Republik (ABl. L 285, S. 1) und des Übereinkommens vom 29. November 1996 über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden (ABl. 1997, C 15, S. 1) (im Folgenden: EuGVÜ oder Übereinkommen).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Gesellschaft für Antriebstechnik mbh & Co. KG (im Folgenden: GAT) und der Lamellen und Kupplungsbau Beteiligungs KG (im Folgenden: LuK) über den Vertrieb durch GAT von Erzeugnissen, die nach Auffassung von LuK zwei französische Patente verletzen, deren Inhaberin sie sei.
Rechtlicher Rahmen
3 Artikel 16, der den 5. Abschnitt, „Ausschließliche Zuständigkeiten”, des die Zuständigkeitsregeln betreffenden Titels II des Übereinkommens bildet, bestimmt:
„Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig:
…
4. für Klagen, welche die Eintragung oder die Gültigkeit von Patenten, Warenzeichen, Mustern und Modellen sowie ähnlicher Rechte, die einer Hinterlegung oder Registrierung bedürfen, zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaats, in dessen Hoheitsgebiet die Hinterlegung oder Registrierung beantragt oder vorgenommen worden ist oder aufgrund eines zwischenstaatlichen Übereinkommens als vorgenommen gilt;
…”
4 Artikel 17 Absatz 4 des Übereinkommens, der mit dessen Artikel 18 den 6. Abschnitt, „Vereinbarung über die Zuständigkeit”, des Titels II bildet, sieht vor: „Gerichtsstandsvereinbarungen … haben keine rechtliche Wirkung, … wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, aufgrund des Artikels 16 ausschließlich zuständig si...