Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Humanarzneimittel. Generika. Zusammenfassung der Merkmale des Arzneimittels. Ausschluss von Merkmalen, die sich auf Indikationen oder Dosierungen beziehen, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens eines Generikums noch unter das Patentrecht fielen
Normenkette
Richtlinie 2001/83/EG Art. 11
Beteiligte
Warner-Lambert Company LLC |
Tenor
Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass in einem Verfahren zur Genehmigung für das Inverkehrbringen wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Übermittlung der Packungsbeilage oder einer Zusammenfassung der Merkmale eines Generikums, in der keine Indikationen oder Dosierungen angegeben sind, die zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens dieses Arzneimittels noch unter das Patentrecht fielen, an die zuständige nationale Behörde durch die Person, die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Generikums beantragt oder innehat, einen Antrag auf Beschränkung des Umfangs der Genehmigung für das Inverkehrbringen des betreffenden Generikums darstellt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Gerechtshof Den Haag (Berufungsgericht Den Haag, Niederlande) mit Entscheidung vom 4. Juli 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juli 2017, in dem Verfahren
Staat der Nederlanden
gegen
Warner-Lambert Company LLC
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer A. Arabadjiev in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter C. G. Fernlund (Berichterstatter) und S. Rodin,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. Juni 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Warner-Lambert Company LLC, vertreten durch C. Schoonderbeek, avocate, sowie durch S. Dack, J. A. Dullaart und P. van Schijndel, advocaten,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. Gijzen und M. K. Bulterman als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Manhaeve und A. Sipos als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Oktober 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 und Art. 21 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) in der durch die Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. 2012, L 299, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2001/83).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Staat der Nederlanden (niederländischer Staat) und der Warner-Lambert Company LLC (im Folgenden: WLC) wegen der Veröffentlichung von Informationen über patentgeschützte Anwendungen eines Referenzarzneimittels im Rahmen des in Art. 28 der Richtlinie 2001/83 vorgesehenen dezentralisierten Verfahrens zur Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Generikums.
Rechtlicher Rahmen
Richtlinie 2001/83
Rz. 3
Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83 sieht vor:
„Ein Arzneimittel darf in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden, wenn die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats nach dieser Richtlinie eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt hat oder wenn eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1)] … erteilt wurde.
Ist für ein Arzneimittel eine Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen gemäß Unterabsatz 1 erteilt worden, so müssen auch alle weiteren Stärken, Darreichungsformen, Verabreichungswege und Verabreichungsformen sowie alle Änderungen und Erweiterungen gemäß Unterabsatz 1 genehmigt oder in die Erstgenehmigung für das Inverkehrbringen einbezogen werden. Alle diese Genehmigungen für das Inverkehrbringen werden insbesondere für den Zweck der Anwendung des Artikels 10 Absatz 1 als Bestandteil derselben umfassenden Genehmigung für das Inverkehrbringen angesehen.”
Rz. 4
Art. 8 Abs. 3 Buchst. i und j dieser Richtlinie sieht vor:
„Dem Antrag sind folgende Angaben und Unterlagen nach Maßgabe von Anhang I beizufügen:
…
i) Ergebnisse von:
- pharmazeutischen (physikalisch-chemischen, biologischen oder mikrobiologischen) Versuchen,
- vorklinischen (toxikologischen und pharmakologischen) Ve...