Entscheidungsstichwort (Thema)

Nichtigkeitsklage. Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP). Beschluss 2014/198/GASP. Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Vereinigten Republik Tansania über die Bedingungen für die Überstellung mutmaßlicher Seeräuber sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden beschlagnahmten Gütern durch die EU-geführte Seestreitkraft an die Vereinigte Republik Tansania. Wahl der Rechtsgrundlage. Pflicht, das Europäische Parlament in allen Phasen des Verfahrens für die Aushandlung und den Abschluss internationaler Übereinkünfte unverzüglich und umfassend zu unterrichten. Aufrechterhaltung der Wirkungen des Beschlusses im Fall seiner Nichtigerklärung

 

Beteiligte

Parlament / Rat

Europäisches Parlament

Rat der Europäischen Union

 

Tenor

1. Der Beschluss 2014/198/GASP des Rates vom 10. März 2014 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Vereinigten Republik Tansania über die Bedingungen für die Überstellung mutmaßlicher Seeräuber sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden beschlagnahmten Gütern durch die EU-geführte Seestreitkraft an die Vereinigte Republik Tansania wird für nichtig erklärt.

2. Die Wirkungen des Beschlusses 2014/198 werden aufrechterhalten.

3. Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union tragen jeweils ihre eigenen Kosten.

4. Die Tschechische Republik, das Königreich Schweden, das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie die Europäische Kommission tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 AEUV, eingereicht am 28. Mai 2014,

Europäisches Parlament, vertreten durch R. Passos, A. Caiola und M. Allik als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Kläger,

unterstützt durch

Europäische Kommission, vertreten durch M. Konstantinidis, R. Troosters und D. Gauci als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Streithelferin,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch F. Naert, G. Étienne, M. Bishop und M.-M. Joséphidès als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, E. Ruffer, J. Vláčil, J. Škeřik und M. Hedvábná als Bevollmächtigte,

Königreich Schweden, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, M. Rhodin, E. Karlsson und L. Swedenborg als Bevollmächtigte,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch J. Kraehling und V. Kaye als Bevollmächtigte im Beistand von G. Facenna, Barrister,

Streithelfer,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, T. von Danwitz und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin C. Toader, der Kammerpräsidenten D. Šváby und C. Lycourgos sowie der Richter A. Rosas (Berichterstatter), E. Juhász und M. Safjan, der Richterin M. Berger, der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 22. September 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 28. Oktober 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit seiner Klage beantragt das Europäische Parlament die Nichtigerklärung des Beschlusses 2014/198/GASP des Rates vom 10. März 2014 über die Unterzeichnung und den Abschluss des Abkommens zwischen der Europäischen Union und der Vereinigten Republik Tansania über die Bedingungen für die Überstellung mutmaßlicher Seeräuber sowie die Übergabe von damit in Verbindung stehenden beschlagnahmten Gütern durch die EU-geführte Seestreitkraft an die Vereinigte Republik Tansania (ABl. 2014, L 108, S. 1, im Folgenden: angefochtener Beschluss) und die Aufrechterhaltung der Wirkungen dieses Beschlusses.

Rechtlicher Rahmen

Internationales Recht

Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen

Rz. 2

Das am 10. Dezember 1982 in Montego Bay unterzeichnete Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen trat am 16. November 1994 in Kraft. Es wurde durch den Beschluss 98/392/EG des Rates vom 23. März 1998 über den Abschluss des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 und des Übereinkommens vom 28. Juli 1994 zur Durchführung des Teils XI des Seerechtsübereinkommens durch die Europäische Gemeinschaft (ABl. 1998, L 179, S. 1) genehmigt.

Rz. 3

In den Art. 100 bis 107 von Teil VII „Hohe See”) Abschnitt 1 „Allgemeine Bestimmungen”) dieses Übereinkommens ist der rechtliche Rahmen für die Bekämpfung der Seeräuberei festgelegt. Nach Art. 100 des Übereinkommens sind alle Staaten verpflichtet, bei der Bekämpfung der Seeräuberei zusammenzuarbeiten. In seinen Art. 101 und 103 sind die Begriffe „Seeräuberei” und „Seeräuberschiff oder -luftfahrzeug” definiert.

Rz. 4

Art. 105 „Aufbringen eines Seeräuberschiffs oder -luftfahrzeugs”) des Seerechtsübereinkommens der Vereinten Nationen lautet:

„Jeder Staat kann auf Hoher See oder an...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge