Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Warenverkehr. Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen. Maßnahmen gleicher Wirkung. Vermarktung von Edelmetallgegenständen. Punze. Erfordernisse der Regelung des Einfuhrmitgliedstaats
Normenkette
AEUV Art. 34
Beteiligte
VĮ Lietuvos prabavimo rūmai |
Tenor
1. Art. 34 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach Edelmetallgegenstände, die aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführt worden sind, in dem solche Gegenstände in den Verkehr gebracht werden dürfen und gemäß dessen Regelung sie punziert worden sind, in einem Mitgliedstaat nur vertrieben werden dürfen, wenn sie, falls die Angaben über ihren Feingehalt in der Punze den Vorschriften der Regelung des zweitgenannten Mitgliedstaats nicht entsprechen, von einer unabhängigen, von dem zweitgenannten Mitgliedstaat ermächtigten Punzierungsstelle erneut gekennzeichnet werden, und zwar mit einer Punze, die bestätigt, dass die betreffenden Gegenstände geprüft worden sind, und die ihren Feingehalt gemäß den genannten Vorschriften angibt.
2. Der Umstand, dass eine zusätzliche Kennzeichnung eingeführter Edelmetallgegenstände, die in einer für die Verbraucher des Einfuhrmitgliedstaats verständlichen Weise über den Feingehalt der Gegenstände informieren soll, nicht von einer unabhängigen, von einem Mitgliedstaat ermächtigten Punzierungsstelle vorgenommen worden ist, ist für die Beantwortung der ersten Frage nicht von Bedeutung, wenn zuvor ein unabhängiges, vom Ausfuhrmitgliedstaat ermächtigtes Punzierungsamt eine Feingehaltspunze auf den betreffenden Gegenständen angebracht hat und die Angaben in der zusätzlichen Kennzeichnung den Angaben in der Punze entsprechen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Litauen) mit Entscheidung vom 27. September 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Oktober 2012, in dem Verfahren
UAB Juvelta
gegen
VĮ Lietuvos prabavimo rūmai
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, G. Arestis, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev,
Generalanwalt: N. Wahl,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der UAB Juvelta, vertreten durch A. Astauskienė, advokatė,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und R. Krasuckaitė als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Steiblytė und G. Wilms als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 34 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der UAB Juvelta (im Folgenden: Juvelta) und dem VĮ Lietuvos prabavimo rūmai (litauisches Punzierungsamt) wegen der Entscheidung, mit der dieses Amt Juvelta angewiesen hat, die von ihr vertriebenen Goldgegenstände bei einem unabhängigen und ermächtigten staatlichen Amt mit Punzen versehen zu lassen, die den Anforderungen der litauischen Regelung entsprechen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Nach Art. 3 Abs. 21 des Gesetzes der Republik Litauen über die staatliche Kontrolle von Edelmetallen und Edelsteinen (Lietuvos Respublikos tauriųjų metalų ir brangakmenių valstybinės priežiūros i˛statymas) in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: Kontrollgesetz) ist die innerstaatliche Punze des VĮ Lietuvos prabavimo rūma ein von den Vertragsstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Republik Türkei festgelegtes Kennzeichen, das bestätigt, dass der Gegenstand, der es trägt, von einem unabhängigen, von dem betreffenden Staat ermächtigten Punzierungsamt geprüft und gekennzeichnet wurde und den Feingehalt aufweist, der in dem Kennzeichen in arabischen Ziffern ausgedrückt und ist und den Anteil an Edelmetallen in 1 000 Gewichtsteilen der Legierung anzeigt.
Rz. 4
Nach Art. 17 Abs. 1 des Kontrollgesetzes müssen Edelmetallgegenstände und Edelsteine, die nach Litauen eingeführt werden, vom VI Lietuvos prabavimo rūma mit der innerstaatlichen Punze dieses Staates versehen werden.
Rz. 5
Nach Art. 17 Abs. 2 Unterabs. 2 des Kontrollgesetzes können Edelmetallgegenstände und Edelsteine, die aus einem anderen Staat – einem Vertragsstaat des EWR oder der Republik Türkei – eingeführt werden, in dem solche Gegenstände auf den Markt gebracht werden dürfen, ohne die Punze des VĮ Lietuvos prabavimo rūma oder das Qualitätszeugnis vertrieben werden, wenn sie geprüft und mit der Punze eines unabhängigen, von diesem Staat ermächtigten Punzierungsamts versehen worden sind und die zwingende, in diesem Staat registrierte und bei ihrer Herstellung angebrachte Verantwortlichkeitsmarke tragen.
Ausgangsverfahren und Vorlagefragen
Rz. 6
Juvelta ist ei...