Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Richtlinie 2004/35/EG. Umwelthaftung. Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden. Nichtumsetzung innerhalb der vorgeschriebenen Frist
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden verstoßen, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erlassen hat.
2. Die Republik Österreich trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 24. September 2008,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch U. Wölker und B. Schöfer als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Ó Caoimh sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues und A. Arabadjiev (Berichterstatter),
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143, S. 56, im Folgenden: Richtlinie) verstoßen hat, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen bzw. der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat.
Rz. 2
Nach Art. 19 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie setzen die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um der Richtlinie spätestens bis zum 30. April 2007 nachzukommen, und setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.
Vorverfahren
Rz. 3
Da die Kommission innerhalb der vorgeschriebenen Frist keine Nachricht betreffend die von der Republik Österreich ergriffenen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in ihre innerstaatliche Rechtsordnung erhalten hatte, leitete sie das in Art. 226 EG vorgesehene Vertragsverletzungsverfahren ein.
Rz. 4
Mit Schreiben vom 31. Mai 2007 setzte die Kommission der Republik Österreich eine Frist zur Äußerung. Letztere setzte die Kommission mit Schreiben vom 31. Juli 2007 davon in Kenntnis, dass die Umsetzung zum einen auf Bundesebene, durch das bereits in Ausarbeitung befindliche Bundes-Umwelthaftungsgesetz, und zum anderen auf Ebene der Länder erfolgen werde, von denen einige mit der Umsetzung begonnen und Entwürfe angenommen hätten, die bis spätestens Anfang 2008 finalisiert werden sollten.
Rz. 5
Da die Kommission die Richtlinie als noch nicht umgesetzt ansah, gab sie am 31. Januar 2008 eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der die Republik Österreich aufgefordert wurde, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Verpflichtungen aus der Richtlinie innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab Erhalt dieser Stellungnahme nachzukommen.
Rz. 6
Mit Schreiben vom 1. April 2008 antwortete die Republik Österreich auf diese Stellungnahme und teilte der Kommission mit, dass die Umsetzung der Richtlinie sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene im Gange sei.
Rz. 7
Da die Kommission keine anderen Informationen erhielt, aus denen hervorging, dass alle erforderlichen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie in die österreichische Rechtsordnung endgültig ergriffen worden waren, hat sie beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.
Zur Klage
Rz. 8
Die Republik Österreich bestreitet nicht, dass die Umsetzung der Richtlinie nicht innerhalb der vorgesehenen Frist erfolgt ist. Sie weist jedoch darauf hin, dass diese Umsetzung rechtsetzende Maßnahmen zunächst auf Bundes- und sodann auf Länderebene erfordere.
Rz. 9
Der Entwurf des Bundes-Umwelthaftungsgesetzes sei zwar schon im Mai 2007 im Ministerrat beschlossen und dem Parlament vorgelegt worden, aufgrund von Neuwahlen müsse der genannte Entwurf jedoch vom Ministerrat neu beschlossen werden. Die Gesetzesentwürfe auf Länderebene könnten also erst nach Erlass des genannten Bundesgesetzes erlassen werden.
Rz. 10
Dazu ist festzustellen, dass das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand der Lage zu beurteilen ist, in der sich der Mitgliedstaat bei Ablauf der Frist befand, die in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt wurde, und dass später eingetretene Änderungen vom Gerichtshof nicht berücksichtigt werden können (vgl. insbesondere Urtei...