Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Verordnung (EG) Nr. 6/2002. Art. 6, Art. 25 Abs. 1 Buchst. b und e sowie Art. 61. Eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster, das eine sitzende Figur darstellt. Ältere Gemeinschaftsbildmarke. Unterschiedlicher Gesamteindruck. Grad der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers. Informierter Benutzer. Umfang der gerichtlichen Nachprüfung -Begründungsmangel
Beteiligte
Neuman und Galdeano del Sel / Baena Grup |
José Manuel Baena Grupo, SA |
Tenor
1. Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
2. Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel tragen ihre eigenen Kosten sowie die Kosten der José Manuel Baena Grupo, SA im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel in der Rechtssache C-101/11 P.
3. Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) trägt seine eigenen Kosten sowie die Kosten der José Manuel Baena Grupo, SA im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel in der Rechtssache C-102/11 P.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend zwei Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Februar 2011,
Herbert Neuman,
Andoni Galdeano del Sel,
wohnhaft in Tarifa (Spanien), Prozessbevollmächtigte: S. Míguez Pereira, abogada,
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch J. Crespo Carrillo und A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigte,
Rechtsmittelführer,
andere Verfahrensbeteiligte:
José Manuel Baena Grupo, SA mit Sitz in Barcelona (Spanien), Prozessbevollmächtigter: A. Canela Giménez, abogado,
Klägerin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters U. Lõhmus (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer sowie der Richter A. Arabadjiev und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihren Rechtsmitteln beantragen Herr Neuman und Herr Galdeano del Sel einerseits und das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) andererseits (im Folgenden zusammen: Rechtsmittelführer) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Dezember 2010, Baena Grupo/HABM – Neuman und Galdeano del Sel (Sitzende Figur), T-513/09 (im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem der Klage der José Manuel Baena Grupo, SA (im Folgenden: Baena Grupo) auf Aufhebung der Entscheidung der Dritten Beschwerdekammer des HABM vom 14. Oktober 2009 (Sache R 1323/2008-3) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Herrn Neuman und Herrn Galdeano del Sel auf der einen Seite und Baena Grupo auf der anderen Seite (im Folgenden: streitige Entscheidung) stattgegeben wurde.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Der 14. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1) lautet:
„Ob ein Geschmacksmuster Eigenart besitzt, sollte danach beurteilt werden, inwieweit sich der Gesamteindruck, den der Anblick des Geschmacksmusters beim informierten Benutzer hervorruft, deutlich von dem unterscheidet, den der vorbestehende Formschatz bei ihm hervorruft, und zwar unter Berücksichtigung der Art des Erzeugnisses, bei dem das Geschmacksmuster benutzt wird oder in das es aufgenommen wird, und insbesondere des jeweiligen Industriezweigs und des Grades der Gestaltungsfreiheit des Entwerfers bei der Entwicklung des Geschmacksmusters.”
Rz. 3
Art. 4 Abs. 1 der genannten Verordnung bestimmt:
„Ein Geschmacksmuster wird durch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster geschützt, soweit es neu ist und Eigenart hat.”
Rz. 4
In Art. 5 dieser Verordnung heißt es:
„(1) Ein Geschmacksmuster gilt als neu, wenn der Öffentlichkeit:
- im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,
- im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung des Geschmacksmusters, das geschützt werden soll, oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag,
kein identisches Geschmacksmuster zugänglich gemacht worden ist.
(2) Geschmacksmuster gelten als identisch, wenn sich ihre Merkmale nur in unwesentlichen Einzelheiten unterscheiden.”
Rz. 5
Art. 6 der Verordnung sieht vor:
„(1) Ein Geschmacksmuster hat Eigenart, wenn sich der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, von dem Gesamteindruck unterscheidet, den ein anderes Geschmacksmuster bei diesem Benutzer hervorruft, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist, und zwar:
- im Fall nicht eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag, an dem das Geschmacksmuster, das geschützt werden soll, erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird,
- im Fall eingetragener Gemeinschaftsgeschmacksmuster vor dem Tag der Anmeldung zur Eintragung oder, wenn eine Priorität in Anspruch genommen wird, vor dem Prioritätstag.
(2) B...