Entscheidungsstichwort (Thema)
Richtlinien 84/450/EWG und 97/55/EG. Vergleichende Werbung. Erkennbarmachen eines Mitbewerbers oder der von ihm angebotenen Waren oder Dienstleistungen. Waren oder Dienstleistungen für den gleichen Bedarf oder mit gleicher Zweckbestimmung. Bezugnahme auf Ursprungsbezeichnungen
Beteiligte
De Landtsheer Emmanuel SA |
Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne |
Veuve Clicquot Ponsardin SA |
Tenor
1. Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 ist dahin auszulegen, dass als vergleichende Werbung auch die in einer Werbeaussage enthaltene Bezugnahme auf eine Warengattung und nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt angesehen werden kann, wenn es möglich ist, dieses Unternehmen oder die von ihm angebotenen Waren als diejenigen zu erkennen, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Dabei ist es für die Frage, ob die Werbung als vergleichende Werbung anzusehen ist, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder von ihnen angebotene Waren oder Dienstleistungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt.
2. Das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem Werbenden und dem in der Werbeaussage erkennbar gemachten Unternehmen kann nicht unabhängig von den Waren oder Dienstleistungen, die Letzteres anbietet, festgestellt werden.
Für die Feststellung, ob ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht, ist abzustellen auf
- den augenblicklichen Zustand des Marktes und der Verbrauchsgewohnheiten sowie ihre Entwicklungsmöglichkeiten,
- den Teil des Gemeinschaftsgebiets, in dem die Werbung verbreitet wird, ohne jedoch gegebenenfalls die Auswirkungen auszuschließen, die die Entwicklung der in anderen Mitgliedstaaten festgestellten Verbrauchsgewohnheiten auf den in Frage stehenden innerstaatlichen Markt haben kann, und
- die besonderen Merkmale der Ware, für die geworben werden soll, und das Image, das der Werbende ihr geben will.
Die Kriterien, die für die Beurteilung der Frage maßgebend sind, ob ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/450 in der Fassung der Richtlinie 97/55 besteht, sind nicht die gleichen wie die Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Vergleich der in Art. 3a Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie festgelegten Voraussetzung entspricht.
3. Eine Werbung, die auf eine Warengattung Bezug nimmt, ohne jedoch einen Mitbewerber oder die von ihm angebotenen Waren erkennbar zu machen, ist nicht gemäß Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/450 in der Fassung der Richtlinie 97/55 unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine solche Werbung sind im Licht anderer Vorschriften des nationalen Rechts oder gegebenenfalls des Gemeinschaftsrechts zu prüfen, und zwar unabhängig davon, dass sich daraus ein geringerer Schutz der Verbraucher oder der konkurrierenden Unternehmen ergeben könnte.
4. Art. 3a Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 84/450 in der Fassung der Richtlinie 97/55 ist dahin auszulegen, dass nicht jeder Vergleich, der sich für Waren ohne Ursprungsbezeichnung auf Waren mit Ursprungsbezeichnung bezieht, unzulässig ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Cour d'appel de Brüssel (Belgien) mit Entscheidung vom 13. Oktober 2005, beim Gerichtshof eingegangen am 19. Oktober 2005, in dem Verfahren
De Landtsheer Emmanuel SA
gegen
Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne,
Veuve Clicquot Ponsardin SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Ersten Kammer P. Jann sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter), K. Schiemann, M. Ilešič und E. Levits,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- des Comité Interprofessionnel du Vin de Champagne und der Veuve Cliquot Ponsardin SA, vertreten durch T. van Innis und N. Clarembeaux, avocats,
- der De Landtsheer Emmanuel SA, vertreten durch J. Stuyck und M. Demeur, avocats,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch R. Loosli-Surrans als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-P. Keppenne und A. Aresu als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30. November 2006
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung des Art. 2 Nr. 2a und des Art. 3a Abs. 1 Buchst. b und f der Richtlinie 84/450/EWG des Rates vom 10. September 1984 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über irreführende und vergleichende Werbung (ABl. L 250, S. 17) in der durch die Richtlinie 97/55/EG des Eur...