Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Geistiges und gewerbliches Eigentum. Patentrecht. Humanarzneimittel. Pflanzenschutzmittel. Ergänzendes Schutzzertifikat. Laufzeit. Festlegung des Ablaufdatums. Auswirkungen eines Urteils des Gerichtshofs. Möglichkeit oder Pflicht zur Berichtigung des Ablaufdatums
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 469/2009 Art. 18; Verordnung (EG) Nr. 1610/96 Art. 17 Abs. 2
Beteiligte
Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala |
Tenor
1. Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel ist unter Berücksichtigung von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel dahin auszulegen, dass der Zeitpunkt der ersten Genehmigung für das Inverkehrbringen, wie er in einer Anmeldung eines ergänzenden Schutzzertifikats, auf deren Grundlage die für die Erteilung dieses Zertifikats zuständige Behörde dessen Laufzeit berechnet hat, angegeben ist, dann unrichtig ist, wenn er, wie im Ausgangsverfahren, eine Berechnungsmodalität für die Laufzeit dieses Zertifikats zur Folge hat, die mit den Vorgaben von Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 469/2009, wie er in einem nachfolgenden Urteil des Gerichtshofs ausgelegt worden ist, nicht im Einklang steht.
2. Art. 18 der Verordnung Nr. 469/2009 ist unter Berücksichtigung des 17. Erwägungsgrundes und von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1610/96 dahin auszulegen, dass der Inhaber eines ergänzenden Schutzzertifikats in einer Situation wie der in Nr. 1 des vorliegenden Tenors beschriebenen auf der Grundlage von Art. 18 der Verordnung Nr. 469/2009 einen Rechtsbehelf einlegen kann, um die in dem Zertifikat angegebene Laufzeit berichtigen zu lassen, solange das Zertifikat nicht erloschen ist.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Fővárosi Törvényszék (Hauptstädtischer Gerichtshof, Ungarn) mit Entscheidung vom 31. August 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 14. September 2016, in dem Verfahren
Incyte Corporation
gegen
Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Oktober 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Incyte Corporation, vertreten durch J. K. Tálas, E. Szakács und Z. Lengyel, ügyvédek, sowie W. Devroe, advocaat,
- der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und E. E. Sebestyén als Bevollmächtigte,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino und F. De Luca, avvocati dello Stato,
- der litauischen Regierung, vertreten durch D. Kriaučiūnas und G. Taluntytė als Bevollmächtigte,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, M. Rodrigues und S. Duarte Afonso als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Samnadda und A. Sipos als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 469/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über das ergänzende Schutzzertifikat für Arzneimittel (ABl. 2009, L 152, S. 1) unter Berücksichtigung von Art. 17 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel (ABl. 1996, L 198, S. 30) sowie die Auswirkungen des Urteils vom 6. Oktober 2015, Seattle Genetics (C-471/14, EU:C:2015:659).
Rz. 2
Es ergeht in einem Rechtsstreit zwischen der Incyte Corporation und dem Szellemi Tulajdon Nemzeti Hivatala (Nationales Amt für geistiges Eigentum, Ungarn; im Folgenden: Amt) darüber, dass das Amt den Antrag von Incyte auf Berichtigung des Ablaufdatums eines ergänzenden Schutzzertifikats für ein Medikament abgelehnt hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1610/96
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 9 und 10 der Verordnung Nr. 1610/96 lauten:
„(9) Auf Gemeinschaftsebene ist eine einheitliche Lösung zu finden, um auf diese Weise einer heterogenen Entwicklung der nationalen Rechtsvorschriften vorzubeugen, die neue Unterschiede zur Folge hätte, welche geeignet wären, den freien Verkehr von Pflanzenschutzmitteln innerhalb der Gemeinschaft zu behindern und dadurch das Funktionieren des Binnenmarktes unmittelbar zu beeinträchtigen. Dies entspricht dem in Artikel [5 EUV] festgelegten Subsidiaritätsprinzip.
(10) E...