Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Erhaltung der natürlichen Lebensräume. Besondere Schutzgebiete. Natura-2000-Gebiet ‚Ästuar von Schelde und Durme von der niederländischen Grenze bis Gent’. Entwicklung eines Hafengebiets. Prüfung der Verträglichkeit eines Plans oder Projekts mit einem geschützten Gebiet. Verwirklichung schädlicher Auswirkungen. Vorhergehende aber noch nicht abgeschlossene Entwicklung eines dem zerstörten Teil entsprechenden Areals dieser Art. Abschluss nach der Prüfung

 

Normenkette

Richtlinie 92/43/EWG Art. 6 Abs. 3-4

 

Beteiligte

Orleans u.a

Hilde Orleans

Rudi Van Buel

Marina Apers

Denis Malcorps

Myriam Rijssens

Guido Van De Walle

Vlaams Gewest

 

Tenor

Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen ist dahin auszulegen, dass Maßnahmen, die in einem Plan oder Projekt enthalten sind, der oder das nicht unmittelbar mit der Verwaltung eines Gebiets von gemeinschaftlicher Bedeutung in Verbindung steht oder hierfür nicht notwendig ist, und die vorsehen, dass vor der Verwirklichung schädlicher Auswirkungen auf einen in dem Gebiet vorhandenen natürlichen Lebensraumtyp ein künftiges Areal dieser Art entwickelt wird, dessen Entwicklung aber erst nach der Prüfung der Erheblichkeit der etwaigen Beeinträchtigung dieses Gebiets als solchem abgeschlossen sein wird, bei dieser Prüfung nicht berücksichtigt werden können. Derartige Maßnahmen könnten gegebenenfalls nur dann als „Ausgleichsmaßnahmen” im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie eingestuft werden, wenn die in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Raad van State (Staatsrat, Belgien), mit Entscheidungen vom 13. Juli 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2015, in den Verfahren

Hilde Orleans,

Rudi Van Buel,

Marina Apers (C-387/15)

und

Denis Malcorps,

Myriam Rijssens,

Guido Van De Walle (C-388/15)

gegen

Vlaams Gewest,

Beteiligter:

Gemeentelijk Havenbedrijf Antwerpen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin C. Toader (Berichterstatterin), der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Frau Orleans, Herrn Van Buel, Frau Apers, Herrn Malcorps, Frau Rijssens und Herrn Van De Walle, vertreten durch I. Rogiers, advocaat,
  • des Gemeentelijk Havenbedrijf Antwerpen, vertreten durch S. Vernaillen und J. Geens, advocaten,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und S. Vanrie als Bevollmächtigte im Beistand von V. Tollenaere, advocaat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch E. Manhaeve und C. Hermes als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssachen zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7, im Folgenden: Habitatrichtlinie).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen zum einen Frau Hilde Orleans, Herrn Rudi Van Buel und Frau Marina Apers sowie zum anderen Herrn Denis Malcorps, Frau Myriam Rijssens und Herrn Guido Van De Walle auf der einen und der Vlaams Gewest (Flämische Region, Belgien) auf der anderen Seite wegen der bestrittenen Gültigkeit der Erlasse zur Feststellung des regionalen Bauleitplans „Abgrenzung des Seehafengebiets Antwerpen und Hafenentwicklung am linken Ufer” (im Folgenden: GRUP).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 1 und 3 der Habitatrichtlinie sehen vor:

„Wie in Artikel [191 AEUV] festgestellt wird, sind Erhaltung, Schutz und Verbesserung der Qualität der Umwelt wesentliches Ziel der Gemeinschaft und von allgemeinem Interesse; hierzu zählt auch der Schutz der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen.

Hauptziel dieser Richtlinie ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei jedoch die wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und regionalen Anforderungen berücksichtigt werden sollen. Diese Richtlinie leistet somit einen Beitrag zu dem allgemeinen Ziel einer nachhaltigen Entwicklung. Die Erhaltung der biologischen Vielfalt kann in bestimmten Fällen die Fortführung oder auch die Förderung bestimmter Tätigkeiten des Menschen erfordern.”

Rz. 4

Art. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

e) ‚Erhaltungszustand eines natürlichen Lebensraums’: die Gesamtheit der Einwirkungen, die den betreffenden Lebensraum und die darin vorkommenden charakteristischen Arten beeinflussen und die sich langfristig auf seine natürliche Verbreitung, seine Struktur und seine Funk...

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