Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Beschäftigung und Arbeit. Zugang zur Beschäftigung. Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub. Formerfordernisse der Klageschrift. Zusammenhängende Darstellung der Rügen. Eindeutige Formulierung des Klageantrags
Normenkette
Richtlinie 2002/73/EG; Richtlinie 2006/54/EG
Beteiligte
Königreich der Niederlande |
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 7. Mai 2013,
Europäische Kommission, vertreten durch D. Martin und M. van Beek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich der Niederlande, vertreten durch M. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Richters A. Borg Barthet in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten Kammer, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters F. Biltgen,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich der Niederlande dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23) verstoßen hat, dass es niederländische Rechtsvorschriften aufrechterhalten hat, die im Widerspruch zu Art. 1 Abs. 2 Buchst. a und b, Art. 15 und Art. 28 Abs. 2 dieser Richtlinie stehen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 2
Die Richtlinie 2006/54, die nach ihrem Art. 1 Abs. 1 zum Ziel hat, „die Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen sicherzustellen”, hat mit Wirkung vom 15. August 2009 die Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40) aufgehoben. Wie aus dem ersten Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54 hervorgeht, sind mit dieser aus Gründen der Klarheit die wichtigsten Bestimmungen, die auf den von der Richtlinie erfassten Bereichen bereits bestanden, in einem einzigen Text neugefasst und zusammengefasst worden.
Rz. 3
Art. 15 („Rückkehr aus dem Mutterschaftsurlaub”) der Richtlinie 2006/54 bestimmt:
„Frauen im Mutterschaftsurlaub haben nach Ablauf des Mutterschaftsurlaubs Anspruch darauf, an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen gleichwertigen Arbeitsplatz unter Bedingungen, die für sie nicht weniger günstig sind, zurückzukehren, und darauf, dass ihnen auch alle Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, auf die sie während ihrer Abwesenheit Anspruch gehabt hätten, zugute kommen.”
Rz. 4
Nach ihrem Art. 28 Abs. 2 „[berührt d]iese Richtlinie … nicht die Bestimmungen der Richtlinien 96/34/EG [des Rates vom 3. Juni 1996 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Elternurlaub (ABl. L 145, S. 4)] und 92/85/EWG [des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz (ABl. L 348, S. 1)]”.
Rz. 5
Bestimmungen, die denen der Art. 15 und 28 Abs. 2 der Richtlinie 2006/54 entsprachen, waren durch die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207 (ABl. L 269, S. 15) in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 2 und 4 der Richtlinie 76/207 eingefügt worden.
Niederländisches Recht
Rz. 6
Das Königreich der Niederlande hat die Richtlinie 2002/73 durch das Allgemeine Gesetz über die Gleichbehandlung (Algemeene wet gelijke behandeling, im Folgenden: AWGB), durch das Gesetz über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen (Wet gelijke behandeling van mannen en vrouwen) und durch Änderungen des Niederländischen Zivilgesetzbuches (Nederlands Burgerlijk Wetboek, im Folgenden: BW) umgesetzt.
Rz. 7
Art. 1 des Gesetzes über die Gleichbehandlung von Männern und Frauen sieht vor:
„1. Für die Zwecke dieses Gesetzes gelten folgende Begriffsbestimmungen:
…
b) unmittelbare Diskriminierung: Situation, in der eine Person aufgrund ihres Geschlechts anders als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation behandelt wird, worden ist oder würde;
…
2. Eine unmittelbare Diskriminierung liegt auch vor, wenn die Diskriminierung auf Schwangerschaft, Geburt oder M...