Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Landwirtschaft. Gemeinsame Marktorganisation. Etikettierung und Aufmachung im Weinsektor. Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben. Angabe des die Weinbereitung vornehmenden Weinbaubetriebs. Anpachtung von Rebflächen und Anmietung der Kelteranlage bei einem anderen Weinbaubetrieb. Weinbereitung, die vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt
Normenkette
VO (EU) 2019/33 Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2
Beteiligte
Tenor
1.Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/33 der Kommission vom 17. Oktober 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Anträge auf Schutz von Ursprungsbezeichnungen, geografischen Angaben und traditionellen Begriffen im Weinsektor, das Einspruchsverfahren, Einschränkungen der Verwendung, Änderungen der Produktspezifikationen, die Löschung des Schutzes sowie die Kennzeichnung und Aufmachung in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1375 der Kommission vom 11. Juni 2021 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
der Umstand, dass die Kelterung der von gepachteten Rebflächen stammenden Trauben in einer Anlage stattfindet, die der namensgebende Weinbaubetrieb für einen kurzen Zeitraum bei einem anderen Weinbaubetrieb anmietet, nicht ausschließt, dass die Weinbereitung als im Sinne dieser Bestimmung vollständig im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt anzusehen ist, sofern diese Anlage für die für den Keltervorgang erforderliche Zeit ausschließlich dem namensgebenden Weinbaubetrieb zur Verfügung gestellt wird und dieser zuletzt genannte Betrieb die tatsächliche Leitung, die enge und ständige Überwachung und die Verantwortung für diesen Vorgang übernimmt.
2.Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung 2019/33 in der durch die Delegierte Verordnung 2021/1375 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
eine Weinbereitung selbst dann vollständig im Sinne dieser Bestimmung im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt, wenn der Vorgang der Kelterung von Mitarbeitern des dem namensgebenden Weinbaubetrieb die Kelteranlage vermietenden Weinbaubetriebs durchgeführt wurde, sofern der Inhaber des namensgebenden Weinbaubetriebs die tatsächliche Leitung, die enge und ständige Überwachung und die Verantwortung für diesen Vorgang übernimmt. Für die Frage, ob davon ausgegangen werden kann, dass die Weinbereitung im namensgebenden Weinbaubetrieb erfolgt, ist es irrelevant, dass der Weinbaubetrieb, der die Kelteranlage vermietet, ein Eigeninteresse an der Art und Weise der Durchführung der Kelterung hat, insbesondere aufgrund einer Vertragsklausel über einen ertrags- und qualitätsabhängigen Zuschlag je Hektoliter Wein.
Tatbestand
In der Rechtssache C-354/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 10. März 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 1. Juni 2022, in dem Verfahren
Weingut A
gegen
Land Rheinland-Pfalz
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten E. Regan sowie der Richter Z. Csehi, M. Ilešič (Berichterstatter), I. Jarukaitis und D. Gratsias,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – des Weinguts A, vertreten durch Rechtsanwalt H. Eichele,
- – des Landes Rheinland-Pfalz, vertreten durch S. Reuter, Fachreferent, und E. Wagner, Regierungsrätin,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Hofstötter und B. Rechena als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Juli 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 54 Abs. 1 Unterabs. 2 der Delegierten Verordnung (EU) 2019/33 der Kommission vom 17. Oktober 2018 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf Anträge auf Schutz von Ursprungsbezeichnungen, geografischen Angaben und traditionellen Begriffen im Weinsektor, das Einspruchsverfahren, Einschränkungen der Verwendung, Änderungen der Produktspezifikationen, die Löschung des Schutzes sowie die Kennzeichnung und Aufmachung (ABl. 2019, L 9, S. 2) in der durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/1375 der Kommission vom 11. Juni 2021 (ABl. 2021, L 297 S. 16) geänderten Fassung (im Folgenden: Delegierte Verordnung 2019/33).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Weingut A und dem Land Rheinland-Pfalz (Deutschland) (im Folgenden: Land) über die Verwendung der Begriffe „Weingut“ und „Gutsabfüllung“ bei der Aufmachung der Weine, bei denen die von gepachteten Rebflächen stammenden Trauben in einer bei einem anderen Weinbaubetrieb angemieteten Anlage gekeltert werden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1308/2013
Rz. 3
In A...