Entscheidungsstichwort (Thema)
Umwelt. Richtlinie 1999/31/EG. Art. 10. Sonderabgabe für die Deponierung fester Abfälle. Abgabenpflicht des Betreibers einer Deponie. Betriebskosten einer Deponie. Richtlinie 2000/35/EG. Verzugszinsen
Beteiligte
Tenor
1. Art. 10 der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren streitigen, die zum einen den Betreiber einer Deponie zur Entrichtung einer Abgabe verpflichtet, die ihm von der Abfälle anliefernden Gebietskörperschaft zu erstatten ist, und die zum anderen im Fall der verspäteten Entrichtung dieser Abgabe finanzielle Sanktionen gegen den Betreiber vorsieht, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung mit Maßnahmen verbunden ist, die gewährleisten, dass die Erstattung der Abgabe tatsächlich und unverzüglich erfolgt und sämtliche Kosten im Zusammenhang mit der Einziehung, insbesondere die Kosten aufgrund der verspäteten Zahlung der von der Gebietskörperschaft dem Betreiber insoweit geschuldeten Beträge einschließlich der finanziellen Sanktionen, die gegebenenfalls gegen den Betreiber festgesetzt werden und auf dieser verspäteten Zahlung beruhen, auf das von der Gebietskörperschaft an den Betreiber zu zahlende Entgelt aufgeschlagen werden. Das nationale Gericht hat zu prüfen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind.
2. Die Art. 1, 2 Nr. 1 und 3 der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr sind dahin auszulegen, dass die dem Betreiber einer Deponie von einer Abfälle anliefernden Gebietskörperschaft geschuldeten Beträge, wie z. B. die als Erstattung einer Abgabe geschuldeten Beträge, unter die Richtlinie fallen und die Mitgliedstaaten daher gemäß Art. 3 der Richtlinie sicherstellen müssen, dass dieser Betreiber im Fall einer dieser Gebietskörperschaft anzulastenden verspäteten Zahlung dieser Beträge Verzugszinsen geltend machen kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Commissione tributaria provinciale di Roma (Italien) mit Entscheidung vom 1. April 2008, beim Gerichtshof eingegangen am 25. April 2008, in dem Verfahren
Pontina Ambiente Srl
gegen
Regione Lazio
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Präsidentin der Achten Kammer C. Toader in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer sowie der Richter C. W. A. Timmermans, K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und L. Bay Larsen,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juni 2009,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Pontina Ambiente Srl, vertreten durch F. Zadotti, ragioniere, und A. Presutti, avvocato,
- der italienischen Regierung, vertreten durch I. Bruni als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis, avvocato dello Stato,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Aresu und J.-B. Laignelot als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. September 2009
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 12 EG, 14 EG, 43 EG und 46 EG, von Art. 10 der Richtlinie 1999/31/EG des Rates vom 26. April 1999 über Abfalldeponien (ABl. L 182, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABl. L 284, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 1999/31) sowie der Richtlinie 2000/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. Juni 2000 zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr (ABl. L 200, S. 35).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits der Pontina Ambiente Srl (im Folgenden: Pontina Ambiente) gegen die Regione Lazio (Region Latium) wegen zweier Abgabenbescheide, mit denen festgestellt wurde, dass Pontina Ambiente die Sonderabgabe für die Deponierung fester Abfälle für das dritte und das vierte Quartal 2004 verspätet entrichtet hatte, und mit denen Sanktionen und Verzugszinsen gegen das Unternehmen festgesetzt wurden.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Der 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/31 lautet:
„Es sollten Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass das Entgelt für die Abfallbeseitigung in einer Deponie so festgelegt wird, dass alle Kosten für die Errichtung und den Betrieb der Deponie, soweit wie möglich einschließlich der – vom Betreiber zu stellenden – finanziellen Sicherheitsleistung oder etwas Gleichwertigem, und die geschätzten Kosten für die Stilllegung, einschließlich der Nachsorge, abgedeckt sind.”
Rz. 4
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 1999/31 sieht vor:
„Im Hinblick auf die Erfüllung der...