Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Pharmazeutische Erzeugnisse. Markt für Antidepressiva (Citalopram). Vereinbarungen zur gütlichen Beilegung von Rechtsstreitigkeiten über die Verfahrenspatente, die der Herstellers des Originalpräparats und Inhaber der Patente mit Generikaherstellern schließt. Potenzieller Wettbewerb. Bezweckte Beschränkung. Einstufung. Berechnung der Geldbuße. Umsätze, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen
Normenkette
AEUV Art. 101
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die H. Lundbeck A/S und die Lundbeck Ltd tragen ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.
3. Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) trägt ihre eigenen Kosten.
4. Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland trägt seine eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. November 2016,
H. Lundbeck A/S mit Sitz in Valby (Dänemark),
Lundbeck Ltd mit Sitz in Milton Keynes (Vereinigtes Königreich),
Prozessbevollmächtigte: ursprünglich R. Subiotto, QC, und Rechtsanwalt T. Kuhn, dann R. Subiotto, QC,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Parteien des Verfahrens:
[Berichtigt durch Beschluss vom 3. September 2021]
Europäische Kommission, vertreten durch F. Castilla Contreras, T. Vecchi, B. Mongin und C. Vollrath als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
unterstützt durch:
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, ursprünglich vertreten durch D. Guðmundsdóttir, Z. Lavery und D. Robertson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Turner, QC, J. Holmes, QC, M. Demetriou, QC, und T. Sebastian, Barrister, dann durch D. Guðmundsdóttir als Bevollmächtigte im Beistand von J. Turner, QC, J. Holmes, QC, M. Demetriou, QC, und T. Sebastian, Barrister,
Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,
European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) mit Sitz in Genf (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: F. Carlin, Barrister, und Rechtsanwältin N. Niejahr,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter D. Šváby (Berichterstatter) und S. Rodin, der Richterin K. Jürimäe und des Richters P. G. Xuereb,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter, C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2019,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Juni 2020
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehren die H. Lundbeck A/S und die Lundbeck Ltd die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 8. September 2016, Lundbeck/Kommission (T-472/13, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:449), mit dem ihre Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2013) 3803 final der Europäischen Kommission vom 19. Juni 2013 in einem Verfahren nach Art. 101 [AEUV] und Art. 53 des EWR-Abkommens (Sache AT.39226 – Lundbeck) (im Folgenden: streitiger Beschluss) sowie auf Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbußen abgewiesen wurde.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung (EG) Nr. 1/2003
Rz. 2
Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) bestimmt:
„Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig
a) gegen Artikel [101 oder Artikel 102 AEUV] verstoßen …”
Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006
Rz. 3
In den Ziff. 6, 13 und 22 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen von 2006) heißt es:
„6. Die Verbindung des Umsatzes auf den vom Verstoß betroffenen Märkten mit der Dauer [der Zuwiderhandlung] stellt eine Formel dar, die die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwiderhandlung und das jeweilige Gewicht des einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmens angemessen wiedergibt. Sie vermittelt Aufschluss über die Größenordnung der Geldbuße und sollte nicht als Grundlage für eine automatische arithmetische Berechnungsmethode verstanden werden.
…
13. Zur Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße verwendet die Kommission den Wert der von dem betreffenden Unternehmen im relevanten räumlichen Markt innerhalb des [Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)] verkauften Waren oder Dienstleistungen, die mit dem Verstoß in einem unmittelbaren oder mittelbaren Zusammenhang stehen. Im Regelfall ist der Umsatz im letzten vollständigen G...