Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Gemeinschaftsmarke. Verordnung (EG) Nr. 40/94. Art. 8 Abs. 4. Anmeldung der Gemeinschaftswort- und -bildmarke BUD. Widerspruch. Geografische Herkunftsangabe ‚Bud’. Schutz nach dem Lissabonner Abkommen und nach bilateralen Verträgen zwischen Mitgliedstaaten. Benutzung im geschäftlichen Verkehr. Zeichen von mehr als nur örtlicher Bedeutung
Beteiligte
Anheuser-Busch / Budějovický Budvar |
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) |
Budějovický Budvar, národní podnik |
Tenor
1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 2008, Budějovický Budvar/HABM – Anheuser-Busch (BUD) (T-225/06, T-255/06, T-257/06 und T-309/06), wird aufgehoben, soweit das Gericht in Bezug auf die Auslegung von Art. 8 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 422/2004 des Rates vom 19. Februar 2004 zu Unrecht zunächst befunden hat, dass die Bedeutung des fraglichen Zeichens, die nicht nur örtlich sein dürfe, ausschließlich nach Maßgabe der Ausdehnung des Schutzgebiets des Zeichens zu beurteilen sei, ohne seine Benutzung in diesem Gebiet zu berücksichtigen, sodann, dass es sich bei dem für die Beurteilung der Benutzung dieses Zeichens maßgeblichen Gebiet nicht notwendig um das Schutzgebiet des Zeichens handeln müsse, und schließlich, dass die Benutzung dieses Zeichens nicht notwendig vor dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke erfolgt sein müsse.
2. Im Übrigen wird das Rechtsmittel zurückgewiesen.
3. Die verbundenen Rechtssachen T-225/06, T-255/06, T-257/06 und T-309/06 werden an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
4. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 4. März 2009,
Anheuser-Busch Inc. mit Sitz in Saint Louis (USA), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte V. von Bomhard und B. Goebel,
Rechtsmittelführerin,
andere Verfahrensbeteiligte:
Budějovický Budvar, národní podnik mit Sitz in České Budějovice (Tschechische Republik), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Fajgenbaum, T. Lachacinski, C. Petsch und S. Sculy-Logotheti,
Klägerin im ersten Rechtszug,
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch A. Folliard-Monguiral als Bevollmächtigten,
Beklagter im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.-C. Bonichot (Berichterstatter), K. Schiemann und D. Šváby, des Richters A. Rosas, der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter E. Levits, U. Lõhmus und M. Safjan sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: P. Cruz Villalõn,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Juni 2010,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Anheuser-Busch Inc. (im Folgenden: Anheuser-Busch) die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 16. Dezember 2008, Budějovický Budvar/HABM – Anheuser-Busch (BUD) (T-225/06, T-255/06, T-257/06 und T-309/06, Slg. 2008, II-3555, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses den von Budějovický Budvar, národní podnik (im Folgenden: Budvar), gegen die Entscheidungen der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) erhobenen Klagen vom 14. Juni 2006 (Sache R 234/2005-2), 28. Juni 2006 (Sachen R 241/2005-2 und R 802/2004-2) und 1. September 2006 (Sache R 305/2005-2) (im Folgenden: streitige Entscheidungen) zu Widerspruchsverfahren betreffend von der Anheuser-Busch, Inc. eingereichte Anmeldungen des Zeichens „BUD” als Gemeinschaftsmarke stattgegeben hat.
Rechtlicher Rahmen
Internationales Recht
Rz. 2
Die Art. 1 bis 5 des Lissabonner Abkommens über den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und ihre internationale Registrierung vom 31. Oktober 1958, revidiert in Stockholm am 14. Juli 1967 und geändert am 28. September 1979 (United Nations Treaty Series, Bd. 828, Nr. 13172, S. 205, im Folgenden: Lissabonner Abkommen), bestimmen:
„Artikel 1
(1) Die Länder, auf die dieses Abkommen Anwendung findet, bilden einen besonderen Verband innerhalb des Verbandes zum Schutz des gewerblichen Eigentums.
(2) Sie verpflichten sich, in ihrem Gebiet gemäß den Bestimmungen dieses Abkommens diejenigen Ursprungsbezeichnungen der Erzeugnisse der anderen Länder des besonderen Verbandes zu schützen, die im Ursprungsland als solche anerkannt und geschützt und beim im Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum … benannten Internationalen Büro für geistiges Eigentum [WIPO] registriert sind.
Artikel 2
(1) Unter Ursprungsbezeich...