Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Niederlassungsfreiheit und freier Dienstleistungsverkehr. Einheitlicher Versicherungsmarkt. Begriff ‚Versicherungsvermittler’. Tätigkeit der ‚Versicherungsvermittlung’. Tätigkeit des ‚Versicherungsvertriebs’. Anwendungsbereich dieser Richtlinien. Beitritt zu einer Gruppenversicherung. Abtretung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag. Versicherungsleistungen bei Krankheit oder Unfall im Ausland. Vom Versicherungsnehmer als Gegenleistung für den erworbenen Versicherungsschutz gezahlte Vergütung. Verbraucherschutz. Gleichbehandlung von Versicherungsvermittlern

 

Normenkette

Richtlinie 2002/92/EG; Richtlinie (EU) 2016/97

 

Beteiligte

TC Medical Air Ambulance Agency

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V

TC Medical Air Ambulance Agency GmbH

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.12.2022; Aktenzeichen I ZR 8/19)

 

Tenor

Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung in der durch die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 geänderten Fassung und Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb in der durch die Richtlinie (EU) 2018/411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 geänderten Fassung

sind dahin auszulegen, dass

unter den Begriff „Versicherungsvermittler” und damit den Begriff „Versicherungsvertreiber” im Sinne dieser Bestimmungen eine juristische Person fällt, deren Tätigkeit darin besteht, eine freiwillige Mitgliedschaft in einer zuvor von ihr bei einer Versicherungsgesellschaft abgeschlossenen Gruppenversicherung anzubieten, für die sie von ihren Kunden eine Vergütung erhält und die die Kunden zur Inanspruchnahme von Versicherungsleistungen namentlich im Fall einer Erkrankung oder eines Unfalls im Ausland berechtigt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Beschluss vom 15. Oktober 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 25. November 2020, in dem Verfahren

Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V.

gegen

TC Medical Air Ambulance Agency GmbH

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, des Präsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Ersten Kammer, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs L. Bay Larsen (Berichterstatter) sowie der Richter P. G. Xuereb und A. Kumin,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2022,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., vertreten durch Rechtsanwälte J. Kummer und P. Wassermann,
  • der TC Medical Air Ambulance Agency GmbH, vertreten durch Rechtsanwältin B. Ackermann,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller und P.-L. Krüger als Bevollmächtigte,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch J. Očková, M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Subrani, Avvocatessa dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und H. Tserepa-Lacombe als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 24. März 2022

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Nrn. 3 und 5 der Richtlinie 2002/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Dezember 2002 über Versicherungsvermittlung (ABl. 2003, L 9, S. 3) in der durch die Richtlinie 2014/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 (ABl. 2014, L 173, S. 349) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2002/92) sowie von Art. 2 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 8 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb (ABl. 2016, L 26, S. 19) in der durch die Richtlinie (EU) 2018/411 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. März 2018 (ABl. 2018, L 76, S. 28) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2016/97).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände – Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (Deutschland) und der TC Medical Air Ambulance Agency GmbH wegen der behaupteten Tätigkeit der Versicherungsvermittlung, die Letztere ohne Erlaubnis ausüben soll.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Richtlinie 2002/92

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 8, 9 und 11 der Richtlinie 2002/92 lauteten:

„(8) Die Koordinierung der einzelstaatlichen Vorschriften über die beruflichen Anf...

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