Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Öffentlicher Sektor. Lehrkräfte. Einstellung befristet beschäftigter Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst im Wege eines Einstellungsverfahrens auf der Grundlage von Befähigungsnachweisen. Bestimmung des Dienstalters

 

Normenkette

Richtlinie 1999/70/EG; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge Paragraf 4

 

Beteiligte

Ministero dell'Istruzione und INPS

G. D.

A. R.

C. M.

Ministero dell’Istruzione

Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)

 

Tenor

Paragraf 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge

ist dahin auszulegen, dass

er nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, nach denen für die Zwecke der Anerkennung des Dienstalters eines Arbeitnehmers bei seiner Verbeamtung Dienstzeiten, die im Rahmen befristeter Arbeitsverträge zurückgelegt wurden und die sich nicht über mindestens 180 Tage oder vom 1. Februar ununterbrochen bis zum Ende der Abschlussprüfungen erstreckt haben, unabhängig von der tatsächlichen Zahl der Arbeitsstunden unberücksichtigt bleiben und diese Schwellenwerte erreichende Zeiten, soweit sie über vier Jahre hinausgehen, nur zu zwei Dritteln berücksichtigt werden, wobei das Restdrittel erst nach einer bestimmten Anzahl von Dienstjahren angerechnet wird.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-270/22

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale ordinario di Ravenna (Gericht Ravenna, Italien) mit Entscheidung vom 21. April 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 22. April 2022, in dem Verfahren

G. D.,

A. R.,

C. M.

gegen

Ministero dell’Istruzione,

Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev, der Richter T. von Danwitz (Berichterstatter), P. G. Xuereb und A. Kumin sowie der Richterin I. Ziemele,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • –        von G. D., A. R. und C. M., vertreten durch D. Naso, Avvocato,
  • –        der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von L. Fiandaca und F. Sclafani, Avvocati dello Stato,
  • –        der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Recchia und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Paragraf 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (ABl. 1999, L 175, S. 43).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen G. D., A. R. und C. M. (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens) auf der einen Seite und dem Ministero dell’Istruzione (Bildungsministerium, Italien) und dem Istituto nazionale della previdenza sociale (INPS) (Nationales Institut für Sozialfürsorge [INPS], Italien) auf der anderen Seite über die Berechnung der Dienstzeit der Kläger des Ausgangsverfahrens zum Zeitpunkt ihrer Verbeamtung durch das Ministerium.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 1999/70 lautet:

„Die Unterzeichnerparteien wollten eine Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge schließen, welche die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge und Beschäftigungsverhältnisse niederlegt. Sie haben ihren Willen bekundet, durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse zu verbessern und einen Rahmen zu schaffen, der den Missbrauch durch aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge oder Beschäftigungsverhältnisse verhindert.“

Rz. 4

Im dritten Absatz der Präambel der Rahmenvereinbarung heißt es:

„Die Vereinbarung legt die allgemeinen Grundsätze und Mindestvorschriften für befristete Arbeitsverträge in der Erkenntnis nieder, dass bei ihrer genauen Anwendung die besonderen Gegebenheiten der jeweiligen nationalen, sektoralen und saisonalen Situation berücksichtigt werden müssen. Sie macht den Willen der Sozialpartner deutlich, einen allgemeinen Rahmen zu schaffen, der durch den Schutz vor Diskriminierung die Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in befristeten Arbeitsverhältnissen sichert und die Inanspruchnahme befristeter Arbeitsverträge auf einer für Arbeitgeber und Arbeitnehmer akzeptablen Grundlage ermöglicht.“

Rz. 5

Paragraf 1 der Rahmenvereinbarung bestimmt:

„Diese Rahmenvereinbarung soll:

a)      durch Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung die Qualität befristeter Arbeitsverhältnisse verbessern;

b)   ...

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