Sich als Nachbar von Gaststätten und Vergnügungsstätten die Vielfalt der Betriebsarten zu vergegenwärtigen, ist zum einen deshalb von Bedeutung, weil die Gaststättenerlaubnis jeweils nur für eine bestimmte Betriebsart erteilt wird (§ 3 Abs. 1 GastG). Eine Änderung der Betriebsart bedeutet einen formell rechtswidrigen Gaststättenbetrieb, den ein lärm- oder geruchsgeplagter Wohnnachbar zum Anlass für einen Vorstoß bei der Gaststättenbehörde nehmen kann, den Betrieb nach § 31 GastG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 Gewerbeordnung (GewO) zu untersagen. Zum anderen ist bei der Vielfalt der Betriebsarten der Unterschied zwischen Schank- und Speisewirtschaften einerseits und Vergnügungsstätten andererseits von Bedeutung. Denn diese beiden Betriebsformen unterliegen jeweils unterschiedlich strengen Zulässigkeitsvoraussetzungen nach der BauNVO, auf die sich ein Wohnnachbar zu seinem Schutz berufen kann.

1.1 Schank- und Speisewirtschaften

Bei "normalen" Schank- und Speisewirtschaften im Sinne des § 1 Abs. 1 GastG steht die Bewirtung der Gäste mit Speisen und Getränken im Vordergrund, und zwar auch dann, wenn gelegentlich zur Unterhaltung der Gäste Musikveranstaltungen stattfinden oder an den Wochenenden die Möglichkeit zum Tanz geboten wird.[1] Typische Beispiele sind Restaurants, Cafes, Weinstuben, Dorfwirtschaften, Bierstuben oder Trinkhallen.

Normale Schank- und Speisewirtschaften führen im Allgemeinen zu keinen unzuträglichen Lärm- und Geruchsbelästigungen für die Wohnnachbarschaft, weil die Verköstigung der Gäste in geschlossenen Gasträumen erfolgt und sich der Besuch der motorisierten Gäste im Rahmen hält. Sie sind deshalb in der BauNVO bauplanungsrechtlich privilegiert.

Gaststättenbetriebe mit Außengastronomie, zu denen auch Biergärten zählen[2], werden bauplanungsrechtlich zwar wie normale Schank- und Speisewirtschaften behandelt. Sie zeichnen sich aber durch ein erhöhtes Belästigungspotenzial für die Wohnnachbarschaft aus. Denn das Hauptgeschehen dieser Betriebe spielt sich im Freien ab.

Konflikte mit der Nachbarschaft sind fast unvermeidbar, wenn zum Lärm der essenden und trinkenden Gäste zusätzlich noch Musik aus Verstärkeranlagen oder von Musikkapellen hinzutritt und die Gaststättenbetriebe nicht nur von Anwohnern der näheren Umgebung aufgesucht werden, sondern sich von weit her motorisierte Besucher einfinden. Lärmbelästigungen durch die An- und Abfahrt sowie das Parken der motorisierten Besucher sind in der Tat das Hauptproblem dieser Betriebe.

[1] Vgl. VGH Mannheim, Urteil v. 28.11.2019, 5 S 1790/17; VGH Mannheim, Urteil v. 17.8.1990, 8 S 1458/90, NVwZ 1991 S. 277; VGH Mannheim, Urteil v. 18.10.1990, 5 S 3063/89, NVwZ-RR 1991 S. 405.
[2] So VGH München, Beschluss v. 14.2.1996, 22 N 95.2532, DVBl 1996 S. 1195.

1.2 Vergnügungsstätten

Der Begriff der Vergnügungsstätten, die in § 18 GastG öffentliche Vergnügungsstätten genannt werden, ist ein Sammelbegriff für spezielle Gewerbebetriebe, bei denen in unterschiedlicher Ausprägung die kommerzielle Unterhaltung der Gäste im Vordergrund steht. Kommerzielle Freizeitgestaltung und Amüsierbetrieb kennzeichnen somit die Vergnügungsstätten, zu denen Nachtlokale aller Art, wie Stripteaselokale, Varietés und Kabaretts, Diskotheken und andere Tanzlokale oder Spielhallen zählen.[1]

In der Praxis werden derartige Betriebe häufig in der Betriebsart "Schank- und Speisewirtschaft mit Diskothek" oder als "Schank- und Speisewirtschaft, Tanzcafe und Diskothek" geführt, sind also sowohl Schank- und Speisewirtschaften als auch Vergnügungsstätten. Das ändert aber nichts daran, dass ihre Hauptprägung im Merkmal der Vergnügungsstätte liegt.

Die Vergnügungsstätten führen regelmäßig zu erheblichen Lärmbelästigungen in ihrer näheren Umgebung. Das ist die Folge einer hohen Zahl von Besuchern, die in der Regel motorisiert sind und aus einem weiten Einzugsbereich kommen. Wegen dieses Störpotenzials unterliegen diese Betriebe strengen bauplanungsrechtlichen Beschränkungen.

[1] Vgl. hierzu Aßfalg in NVwZ 1991, S. 728.

1.3 Mischformen

Bei Gaststättenbetrieben, die sowohl die Merkmale einer Schank- und Speisewirtschaft als auch die einer Vergnügungsstätte aufweisen, kommt es nach der Rechtsprechung für ihre Zuordnung auf den Betriebsschwerpunkt an. So wird nach Meinung der Richter eine dörfliche Schank- und Speisewirtschaft in der Regel nicht dadurch zu einer Vergnügungsstätte, dass an Wochenenden Tanzveranstaltungen in zeitlich begrenztem Umfang stattfinden.[1] Umgekehrt ist eine Gaststätte, die nach ihrer räumlichen Ausgestaltung als Tanzlokal geprägt ist, bei der die Bewirtung der Gäste deutlich in den Hintergrund tritt und bei der an der Mehrzahl der Wochentage, speziell am Wochenende, Tanzmöglichkeiten im Vordergrund stehen, nach Gerichtsmeinung als Vergnügungsstätte anzusehen.[2]

Werden in einer Schankgaststätte auch Spielmöglichkeiten geboten (z. B. Dart, Tischfußball, Billard, Geldspielgeräte), kommt es auch hier auf den Betriebsschwerpunkt an. Es handelt sich nur dann um eine Vergnügungsstätte, wenn diese Betätigungen dem Betrieb nach den Verhältnissen des Einzelfalls ei...

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