Geht es um das Störpotenzial vorhandener Gast- und Vergnügungsstätten, ist aus der Sicht des diesen Störungen ausgesetzten Nachbarn zunächst danach zu fragen, ob für die ausgeübte Betriebsart überhaupt eine Betriebserlaubnis vorliegt.
Liegt eine solche Erlaubnis vor und handelt es sich um einen genehmigten Gaststättenbetrieb, können zum Schutz der Nachbarschaft vor Lärm- und Geruchsbelästigungen nachträgliche Auflagen für zeitliche, räumliche und umfängliche (etwa die Besucherzahl begrenzende) Betriebseinschränkungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG oder zeitliche Sperrzeitregelungen nach § 18 GastG in Erwägung gezogen werden. Die zeitlichen Betriebseinschränkungen durch Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG und durch Sperrzeitverlängerungen nach § 18 GastG verhalten sich nach der Rechtsprechung zueinander wie 2 sich überschneidende Kreise. Aus der Sicht des sich gestört fühlenden Nachbarn bedeutet diese Rechtsauffassung, dass er ein Auswahlermessen hat, ob er sich für die Möglichkeit entscheidet, Betriebszeitregelungen im Wege einer nachträglichen Auflage zu verlangen, oder ob er sich für die Forderung nach einer Sperrzeitverlängerung entscheidet.
Bei Vergnügungsstätten besteht nur die Möglichkeit, zum Schutz der Wohnnachbarschaft vor Lärmbelästigungen die Anordnung einer Sperrzeitverlängerung nach § 18 GastG zu verlangen.
4.3.1 Anspruch auf Einschreiten gegen nicht genehmigte Betriebe
Der Betrieb einer Gast- oder Vergnügungsstätte ohne die erforderliche Erlaubnis ist formell rechtswidrig und kann von der zuständigen Behörde nach § 31 GastG in Verbindung mit § 15 Abs. 2 GewO untersagt werden. Ungenehmigt ist etwa ein Gaststättenbetrieb, der nicht von der auf eine bestimmte Betriebsart oder auf bestimmte Räume nach § 3 Abs. 1 GastG bezogenen Gaststättenerlaubnis gedeckt ist. So deckt die Erlaubnis zum Betrieb einer Schank- und Speisewirtschaft in geschlossenen Räumen nicht die Bewirtung von Gästen in einem zur Gaststätte gehörenden Wirtsgarten, von dem Belästigungen für die angrenzende Wohnnachbarschaft ausgehen.
Die Betriebseinstellung nach § 15 Abs. 2 GewO steht im Ermessen der zuständigen Behörde. Als Nachbar haben Sie aber einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Den Anspruch auf Betriebseinstellung können Sie mithilfe der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) verwaltungsgerichtlich durchsetzen.
4.3.2 Anspruch auf Einschreiten gegen genehmigte Betriebe
Bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf behördliches Einschreiten wegen Lärm- und Geruchsbelästigungen bei genehmigten Betrieben ist zwischen Schank- und Speisewirtschaften einerseits und Vergnügungsstätten andererseits zu unterscheiden.
4.3.2.1 Nachträgliche Auflagen
Bei Schank- und Speisewirtschaften kommen sowohl nachträgliche Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG zum Schutz der Wohnnachbarschaft vor Lärm- und Geruchsbelästigungen als auch Sperrzeitregelungen in Form von Sperrzeitverlängerungen nach § 18 GastG zum Schutz vor Lärmbelästigungen in Betracht. Beide Handlungsmöglichkeiten stehen nach der Rechtsprechung alternativ zur Verfügung.
Auflagen nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG
Einem Gaststättenbetreiber können nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG jederzeit Auflagen zum Schutz der Nachbarschaft erteilt werden. Der durch eine Baugenehmigung im Allgemeinen vermittelte Bestandsschutz eines Betriebs steht einer Anordnung zur Minderung vermeidbarer Lärm- oder Geruchsbelästigungen der Wohnnachbarschaft nicht entgegen.
Die Regelung des § 5 Abs. 1 Nr. 3 GastG hat nach der Rechtsprechung nachbarschützende Wirkung. Der lärmbetroffene oder erheblichen Geruchsbelästigungen ausgesetzte Nachbar kann daher von der Gaststättenbehörde verlangen, dass sie von der Möglichkeit nachträglicher Auflagen zu seinem Schutz Gebrauch macht.
Liegen die gesetzlichen Voraussetzungen für nachträgliche Auflagen vor, steht es im Ermessen der Behörde, derartige Auflagen anzuordnen. Wenn aber die Lärmrichtwerte der TA Lärm oder die Geruchsschwellenwerte der Anlage 7 zur TA Luft überschritten werden, kann sich dieses Ermessen auf Null reduzieren. Dann verwandelt sich der Rechtsanspruch auf fehlerfreie Ermessensentscheidung in einen Rechtsanspruch auf behördliches Tätigwerden.
Tenor einer Verpflichtungsklage
Die "Auflage" genannte behördliche Anordnung können Sie mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) verwaltungsgerichtlich durchsetzen. Der Tenor eines stattgebenden Urteils und dementsprechend auch der Klageantrag lautet in der Praxis etwa so: "Der Beklagte (Landratsamt X) ist verpflichtet, über den Antrag des Klägers (Nachbarn), das Ende der Betriebszeit auf 22 Uhr festzusetzen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden".
Mögliche Auflagen
- Auflagen kommen vor allem dann in Betracht, wenn der Lärm durch Wände oder Decken in angrenzende Wohnungen dringt und durch Schallisolierung oder Schallpegelbegrenzung bei Musikübertragungsanlagen technisch begrenzt werden kann.
- Möglich ist es auch, im Wege einer Auflage den Einbau eines Aktivkohlefilters in die Küchenentlüftung einer Gastwirtschaft zum Schutz der Nachbars...