1 Leitsatz

Soll durch Beschluss die Gemeinschaftsordnung geändert werden, ist aber das Interesse der klagenden Partei nicht erkennbar, ist gem. § 23 Abs. 3 RVG der für Anwaltsgebühren maßgebliche Auffangwert von 5.000 EUR anzusetzen. Als Ausgangspunkt für den Streitwert beim Beschluss zum Einbau eines Kaminofens kann man den möglichen Schaden von 100.000 EUR ansetzen, multipliziert mit dem 5-fachen Wert des Miteigentümeranteils des Anfechtenden.

2 Normenkette

§ 49a GKG a. F.

3 Das Problem

Wohnungseigentümer K geht gegen den Beschluss vor, mit dem die Wohnungseigentümer beschlossen hatten, in Ergänzung zur Gemeinschaftsordnung auch Verwandte ersten Grades und Ehepartner als Vertreter eines Eigentümers in der Versammlung mit Stimmrecht zuzulassen (TOP 9). Ferner geht er gegen den Beschluss vor, mit dem die Wohnungseigentümer den Einbau eines Kaminofens (TOP 11) genehmigt hatten, sowie gegen den Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer die Umgestaltung eines Eingangsbereichs (TOP 12) genehmigt hatten. Das AG setzt für diese 3 Gegenstände als Gebührenstreitwert 15.000 EUR fest. Gegen diese Festsetzung wendet sich K's Rechtsanwalt mit einer Streitwertbeschwerde. Er beantragt, den Streitwert auf 45.000 EUR festzusetzen.

4 Die Entscheidung

Mit einem Teilerfolg! Der Beschluss zu TOP 9 habe eine Änderung der Gemeinschaftsordnung betroffen. Ein Interesse des K sei schwer zu bemessen, weswegen der für die Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Auffangwert in Höhe von 5.000 EUR anzusetzen sei (§ 23 Abs. 3 RVG). In Bezug auf den Einbau des Kaminofens (TOP 11) befürchte K eine gesteigerte Reparaturanfälligkeit bzw. daraus resultierende Wertverluste. Im schlimmsten Fall seien Schäden im Umfang von 100.000 EUR zu befürchten. Würde man hiervon ausgehen, und diese Befürchtung zum Maßstab des Interesses des K machen, ergebe sich der bei ihm in diesem schlimmsten Fall verbleibende Schaden angesichts seiner 8,57/1.000 Miteigentumsanteile als 5-faches Interesse ein Betrag von 4.285 EUR. Hinsichtlich TOP 12 gehe K von Kosten in Höhe von 40.000 EUR aus. Das 5-fache Interesse betrage demnach 1.714 EUR.

Hinweis

Das WEMoG hat nicht nur das WEG, sondern auch das GKG geändert. § 49a GKG ist aufgehoben worden. Für den Gebührenstreitwert ist nunmehr zu unterscheiden:

  • Handelt es sich um eine Beschlussklage, richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 49 GKG. Dieser lautet: "Der Streitwert in Verfahren nach § 44 Abs. 1 WEG ist auf das Interesse aller Wohnungseigentümer an der Entscheidung festzusetzen. Er darf den siebeneinhalbfachen Wert des Interesses des Klägers und der auf seiner Seite Beigetretenen sowie den Verkehrswert ihres Wohnungseigentums nicht übersteigen." Im Fall wäre diese Norm für alle 3 Gegenstände anwendbar.
  • Handelt es sich um eine andere Klage, richtet sich die Gebührenstreitwert nach § 48 Abs. 1 GKG i. V. m. §§ 3ff. ZPO.

5 Entscheidung

LG München I, Beschluss v. 30.72020, 1 T 7253/20 WEG

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