1 Leitsatz
Der Gebührenstreitwert eines Verfahrens auf Unterlassung einer Einberufung ist mit einem ¼ des Streitwerts für die Beschlussklagen festzusetzen.
2 Normenkette
§ 48 GKG; § 3 ZPO
3 Das Problem
Ohne hierzu ermächtigt zu sein, beruft Wohnungseigentümer B eine Versammlung ein. Die Tagesordnung sieht einen Beschluss zur Abberufung des Verwalters, die Kündigung des Verwaltervertrags und die Bestellung eines neuen Verwalters nebst Abschluss eines Verwaltervertrags vor. Auf Antrag der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K untersagt das AG dem B dieses Tun. Das AG setzt den Gebührenstreitwert auf 3.168 EUR fest. Dies entspricht der Vergütung des Verwalters bezogen auf die restliche Laufzeit des Verwaltervertrags von 2 Jahren. Ein Abschlag aufgrund des Umstands, dass es sich um ein einstweiliges Verfügungsverfahren handele, sei nicht vorzunehmen, da mit der Entscheidung die Hauptsache vorweggenommen werde. Dagegen wendet sich B.
4 Die Entscheidung
Mit Erfolg! Da Streitgegenstand der Unterlassung der Einberufung der Versammlung nicht die letztlich begehrten Beschlussfassungen selbst, sondern lediglich die Frage sei, ob die Einberufung der Versammlung mit den begehrten Tagesordnungspunkten rechtmäßig sei, sei der Streitwert eines Verfahrens zur Unterlassung der Einberufung nicht mit dem vollen Interesse an den begehrten Beschlussfassungen gleichzusetzen. Vor der WEG-Reform sei in der Rechtsprechung und Literatur – bezogen auf eine Klage auf Verpflichtung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung – vertreten worden, der Streitwert für ein Einberufungsverlangen sei mit 25 % des Interesses an den gefassten Beschlüssen, also dem hälftigen Wert einer späteren Beschlussklage, zu bemessen (Hinweis auf LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 6.1.2016, 2-13 T 152/15, ZWE 2016 S. 292). Hieran sei auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass inzwischen eine Erhöhung des Streitwerts für Beschlussklagen auf das Gesamtinteresse stattgefunden habe (§ 49 GKG), festzuhalten (Hinweis auf LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 2.2.2023, 2-13 T 3/23, ZWE 2023 S. 291). Die Festsetzung eines ¼ des Gebührenstreitwerts für eine Beschlussklage berücksichtige einerseits das Interesse der K an einem Unterbleiben der jedenfalls von B begehrten Beschlussfassung, nehme andererseits aber auch in den Blick, dass Streitgegenstand des Verfahrens nicht die Beschlüsse selbst seien, sondern lediglich die Untersagung der Versammlung, die entsprechende Beschlussfassungen ermöglicht hätte.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, wie nach dem GKG und der ZPO der Gebührenstreitwert zu ermitteln ist, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegen einen Wohnungseigentümer vorgeht, der unrechtmäßig zu einer Versammlung lädt. Diese Frage spielt für die Verwaltungen grundsätzlich keine Rolle. Sie wird m. E. außerdem falsch beantwortet, da das LG das Angreiferinteresse, dass es keine Versammlung gibt, zu hoch bemisst.
Was ist für die Verwaltung besonders wichtig?
Die Verwaltung hat als Organ der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer in einer Wohnungseigentumsanlage für die Einhaltung des Gesetzes, der Vereinbarungen und der Beschlüsse der Wohnungseigentümer zu sorgen. Lädt ein Wohnungseigentümer eigenmächtig zu einer Versammlung ein, ohne hierzu von Gesetzes wegen, durch eine Vereinbarung oder durch eine vom Gericht ausgesprochene Ermächtigung befugt zu sein, muss die Verwaltung einschreiten. Da Eile geboten ist, ist Rechtsschutz im Wege einstweiliger Verfügung zu suchen. Um hier keine Fehler zu machen, sollte die Verwaltung einen Rechtsanwalt einschalten. Hierzu ist sie wegen der Eilbedürftigkeit nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG auch befugt.
6 Entscheidung
LG Itzehoe, Beschluss v. 17.3.2023, 11 T 8/23