Haufe-Lexware GmbH & Co. KG Redaktion
1 Leitsatz
Ist in einem gewerblichen Mietvertrag die Pflicht zur Zahlung der Umsatzsteuer ausdrücklich nur für die Netto-Miete vorgesehen, liegt die Auslegung nahe, dass der Mieter auch für die Nebenkosten Umsatzsteuer schuldet.
2 Das Problem
Die Vermieterin einer Gewerbeimmobilie verlangt vom Mieter die Zahlung von Umsatzsteuer auf Nebenkosten. Im Mietvertrag ist eine Miete von monatlich 10.500 EUR zuzüglich der jeweils gültigen Umsatzsteuer vereinbart. Außerdem sieht der Mietvertrag vor, dass die Vermieterin Betriebs- und Nebenkosten an den Mieter weiterberechnet. Eine Aussage zur Umsatzsteuer enthält der Mietvertrag insoweit nicht. Die Vermieterin erteilte eine Nebenkostenabrechnung über Grundbesitzabgaben und Versicherungskosten für das Jahr 2018. Auf die darin abgerechneten Kosten berechnete sie Umsatzsteuer. Der Mieter zahlte den Betrag aus der Abrechnung ohne den Umsatzsteueranteil. Er meint, er schulde die Umsatzsteuer nur auf die Netto-Miete. Das Landgericht hat den Mietvertrag so ausgelegt, dass der Mieter auch auf die Nebenkosten Umsatzsteuer schuldet.
3 Die Entscheidung
Der BGH bestätigt die Vertragsauslegung des Landgerichts und gibt der Vermieterin Recht. Der Mieter muss auch Umsatzsteuer auf die Nebenkosten zahlen.
Die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses können vereinbaren, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernimmt, wenn eine solche anfällt.
Die Vermietung von Grundstücken unterliegt zwar grundsätzlich nicht der Umsatzsteuer, der Vermieter kann jedoch zur Umsatzsteuer optieren, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen. Hier hat die Vermieterin zur Umsatzbesteuerung der von ihr erbrachten Leistung optiert. Infolgedessen ist die Steuer auf den gesamten Umsatz entstanden, somit auf die gesamte Miete einschließlich der Nebenkosten.
Dem Mieter war angesichts der Regelung im Mietvertrag bekannt, dass die Vermieterin zur Umsatzbesteuerung optiert hatte. Damit war ihm bewusst, dass er eine die Steuer ausweisende Rechnung erhält und seinerseits den Vorsteuerabzug nutzen kann.
Die Gebrauchsüberlassung an den Mieter und Aufwendungen des Vermieters, die dieser über die Nebenkosten umlegt, sind – auch umsatzsteuerlich – eine einheitliche Leistung an den Mieter, die dieser durch die Grundmiete und die Nebenkosten einheitlich vergütet. Wegen dieser Einheitlichkeit der vom Mieter zu erbringenden Leistungsentgelte (Grundmiete und Nebenkosten) stand damit zugleich fest, dass die Vermieterin auch auf die Umlage der Grundbesitzabgaben und Versicherungskosten Umsatzsteuer zu entrichten und diese in ihren Rechnungen auszuweisen hatte, der Mieter also auch insoweit den Vorsteuerabzug nutzen konnte.
Würde man den Vertrag so auslegen, dass nur der Nettobetrag der Nebenkosten auf den Mieter umgelegt sei, bedeutete dies für die Vermieterin einen Verlust in Höhe der Umsatzsteuer, die sie auf diese Beträge in jedem Fall abführen muss. Gleichzeitig wäre der Mieter dadurch begünstigt, dass er nur den Nettobetrag an die Vermieterin zahlen müsste, hiervon jedoch den darauf entfallenden und in der Rechnung auszuweisenden Umsatzsteuersatz als Vorsteuerabzug geltend machen könnte.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Parteien die Aufwendungen der Vermieterin insgesamt gewinn- und verlustfrei auf den Mieter umlegen wollten. Dies lässt sich nur dadurch bewerkstelligen, dass der Mieter nicht nur auf die Grundmiete, sondern auch auf die Nebenkosten die darauf entfallende Umsatzsteuer tragen muss. Eine solche Vertragsauslegung hält sich im Rahmen einer verbreiteten Rechtsauffassung.
4 Entscheidung
BGH, Urteil v. 30.9.2020, XII ZR 6/20