Alexander C. Blankenstein
Zusammenfassung
Das Grundbuch kann schlicht als eine amtliche Aufzeichnung der Grundstücke eines bestimmten räumlichen Bezirks und der an diesen Grundstücken bestehenden Rechtsverhältnisse bezeichnet werden. Was nun die Grundbucheinsicht selbst anbelangt, so ist in der Grundbuchordnung bestimmt, dass grundsätzlich jeder das Grundbuch einsehen kann, der ein berechtigtes Interesse darlegt.
Regelungen zur Grundbucheinsicht finden sich in § 12 Abs. 1 GBO.
OLG Bremen, Beschluss v. 7.2.2020, 3 W 1/20: Ein Wohnungseigentümer hat ein berechtigtes Interesse an der Einsicht in das komplette Grundbuchblatt des Wohnungsgrundbuchs eines anderen Wohnungseigentümers, wenn die Wohnungseigentümer in einem notariellen Vertrag die Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart haben.
OLG Stuttgart, Beschluss v. 21.3.2019, 8 W 88/19: Die von einem Rechtsanwalt begehrte Einsicht in die Grundakten zur Ermittlung des Umfangs einer die Wohnungseigentümer belastenden Dienstbarkeit, kann nur dann von dem Nachweis der Legitimation des Verwalters abhängig gemacht werden, wenn an der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründete Zweifel bestehen.
OLG Hamm, Beschluss v. 17.6.2015, 15 W 210/14: Das Recht des Wohnungseigentumsverwalters, zum Zweck der Anspruchsverfolgung Einsicht in das Wohnungsgrundbuch eines mit Wohngeldzahlungen rückständigen Miteigentümers zu nehmen, schließt eine Grundbucheinsicht durch einen anderen Wohnungseigentümer aus.
KG Berlin, Beschluss v. 3.4.2014, 1 W 83/14: Regelmäßig sind Wohnungseigentümer nur zur Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I der Wohnungsgrundbücher anderer Mitglieder der Gemeinschaft berechtigt, nicht aber zur Kenntnisnahme der Belastungen in Abteilung II und III.
1 Wer darf Einsicht nehmen?
Ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme in das Grundbuch hat jeder Wohnungseigentümer. Regelmäßig aber sind Wohnungseigentümer nur zur Einsicht in das Bestandsverzeichnis und Abteilung I der Wohnungsgrundbücher anderer Mitglieder der Gemeinschaft berechtigt, nicht aber zur Kenntnisnahme der Belastungen in Abteilung II und III. Der Verwalter hat ebenfalls ein berechtigtes Interesse an einer Einsichtnahme der Wohnungsgrundbücher, was insbesondere im Fall von Hausgeldrückständen von Bedeutung ist. Ein Einsichtsrecht in Abteilung III besteht für einen Wohnungseigentümer ausnahmsweise dann, wenn die Wohnungseigentümer vertraglich die Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart haben und diese nicht vollzogen werden kann, weil in einem der Wohnungsgrundbücher eine Belastung eingetragen ist.
Einsichtsrecht bei Auflösung der Wohnungseigentümergemeinschaft
Die Wohnungseigentümer vereinbaren in einem notariellen Vertrag die Aufhebung der Wohnungseigentümergemeinschaft. Allerdings kann diese längere Zeit nicht vollzogen werden, weil im Wohnungsgrundbuch eines Eigentümers eine Bauhandwerkersicherungshypothek eingetragen ist. Die anderen Wohnungseigentümer haben in einem derartigen Fall das Recht, das Wohnungsgrundbuch dieses Eigentümers einzusehen, damit sie erfahren können, wer der Gläubiger ist, sodass sie mit diesem die Hindernisse zum Vollzug des Aufhebungsvertrags ausräumen können.
Im Übrigen muss das Interesse an einer Einsichtnahme nicht unbedingt ein rechtliches sein, es genügt vielmehr auch ein wirtschaftliches oder auch ein familiäres Interesse. Dies muss auch nicht bewiesen werden, es genügt, dass das berechtigte Interesse schlicht dargelegt wird. Aus diesem Grund haben beispielsweise auch die Mieter des Sondereigentums ein Einsichtsrecht, um sich etwa wegen der Eigentümerstellung des Vermieters zu erkundigen.
Eingesehen werden kann das Grundbuch persönlich oder durch einen Bevollmächtigten. Ein Nachweis der Vollmacht kann, muss aber nicht verlangt werden. Die von einem Rechtsanwalt begehrte Einsicht in die Grundakten zur Ermittlung des Umfangs einer die Wohnungseigentümer belastenden Dienstbarkeit, kann nur dann von dem Nachweis der Legitimation des Verwalters abhängig gemacht werden, wenn an der wirksamen Bevollmächtigung des Rechtsanwalts durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer begründete Zweifel bestehen. In aller Regel benötigt der Rechtsanwalt demnach keine schriftliche Vollmacht seitens des Verwalters.
2 Verweigerung der Einsichtnahme
Das Einsichtsrecht ist staatlich garantiert. Wird die Einsichtnahme verweigert, kann eine richterliche Entscheidung über das Einsichtsrecht beantragt werden. Fällt auch diese negativ aus, so kann gegen die richterliche Entscheidung Beschwerde eingelegt werden. Hilft das Erstgericht der Beschwerde nicht ab, legt es diese dem OLG zur Entscheidung vor.
Entgegenstehender Wille des Eigentümers
Ob sich der betreffende Wohnungseigentümer dagegen wehren kann, dass ein Dritter Einsicht in...