Alexander C. Blankenstein
3.4.1 Grundsätze
Da Rechtsgeschäfte – insbesondere Verträge – im Rahmen der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums mit der GdWE geschlossen werden und nicht mit den einzelnen Wohnungseigentümern in ihrer Gesamtheit, steht für Gläubiger der GdWE zunächst auch nur ein Schuldner zur Verfügung, nämlich die GdWE. Da es zur Stärkung der Kreditfähigkeit der GdWE weiterer Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger neben der Gemeinschaft bedarf, sieht § 9a Abs. 4 WEG eine beschränkte Teilhaftung der Wohnungseigentümer vor. Eine unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung einzelner Wohnungseigentümer besteht also nicht. Gläubiger einer Wohnungseigentümergemeinschaft können demnach ihre Ansprüche gegen diese in voller Höhe geltend machen und gleichzeitig auch gegen einzelne Wohnungseigentümer in Höhe eines Teilbetrags, der ihrem Miteigentumsanteil entspricht.
Unbezahlte Dachdeckerrechnung
Der Verwalter einer aus 10 Mitgliedern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt Dachdecker D mit der Neueindeckung des Dachs der Wohnanlage. Die Finanzlage der Gemeinschaft ist angespannt, da 2 Wohnungseigentümer seit Längerem kein Hausgeld bezahlen und über das Vermögen eines weiteren Wohnungseigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die Wohnung des solventen Zahnarztes Z, ebenfalls Mitglied der Gemeinschaft, repräsentiert 250/1.000 Miteigentumsanteile. Nachdem D seine Arbeit abgeschlossen hat, überreicht er dem Verwalter seine Rechnung in Höhe von 10.000 EUR. Auf mehrere Mahnungen erfolgt keine Zahlung.
D muss seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen. Egal, ob er das gerichtliche Mahnverfahren wählt oder gleich Klage erhebt, zunächst wird er sich überlegen müssen, wie er zu seinem Geld kommt und gegen wen er seinen Anspruch richtet. Er kann wegen seiner Forderung gegen die Gemeinschaft sowohl diese als auch den solventen Z gerichtlich in Anspruch nehmen. Den Klageanspruch gegen die Gemeinschaft könnte D in voller Höhe von 10.000 EUR geltend machen, den gegen Z nur in Höhe von 2.500 EUR. Z haftet dem D also in Höhe von 25 % direkt und unmittelbar.
Die Inanspruchnahme eines einzelnen Wohnungseigentümers ist also nicht derart subsidiär, dass zunächst (erfolglos) ein Verfahren gegen die GdWE geführt werden müsste. Eine "Einrede der Vorausklage" sieht das Gesetz ausdrücklich nicht vor. Die Gläubiger können vielmehr die einzelnen Wohnungseigentümer gleichzeitig und neben der GdWE in Anspruch nehmen. Möglich ist es auch, ausschließlich einzelne Eigentümer in Anspruch zu nehmen, ohne gegen die Gemeinschaft vorzugehen.
Kommunalrechtliche Bestimmungen
§ 9a Abs. 4 WEG steht einer durch Landesgesetz bzw. kommunalrechtlich angeordneten gesamtschuldnerischen persönlichen Haftung der Wohnungseigentümer in ihrer Eigenschaft als Miteigentümer des Grundstücks für die Entgelte für Abfallentsorgung und Straßenreinigung nicht entgegen. Im kommunalen Abgabenrecht kann jedenfalls die gesamtschuldnerische Haftung des einzelnen Wohnungseigentümers für Grundbesitzabgaben bestimmt werden. Allerdings handelt die Behörde regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn sie einzelne Wohnungseigentümer als Gesamtschuldner in Anspruch nimmt.
Die unmittelbare persönliche Haftung der einzelnen Wohnungseigentümer richtet sich stets nach deren Miteigentumsanteil. Auch wenn die Wohnungseigentümer im Hinblick auf die Kostenverteilung einen abweichenden Kostenverteilungsschlüssel vereinbart haben, ist dieser als Haftungsmaßstab nach § 9a Abs. 4 Satz 1 WEG nicht maßgeblich und nicht übertragbar.
Im Ergebnis besteht also eine gesamtschuldnerische Haftung der GdWE und dem auf seinen Miteigentumsanteil in Anspruch genommenen Wohnungseigentümer. Soweit der in Anspruch genommene Wohnungseigentümer im Innenverhältnis zur Gemeinschaft seine Beiträge zu den auf Grundlage des Wirtschaftsplans durch Beschluss nach § 28 Abs. 1 Satz 1 WEG festgesetzten Hausgeldvorschüssen und/oder einer beschlossenen Sonderumlage geleistet hat, hat er in Höhe des Betrags der persönlichen Inanspruchnahme durch den Gläubiger der Gemeinschaft gegen diese einen entsprechenden Ausgleichsanspruch.
Darüber hinaus haften die Wohnungseigentümer für alle Arten von Verbindlichkeiten der GdWE unabhängig davon, ob diese vertraglicher oder gesetzlicher Natur sind.
Haftung nur gegenüber außenstehenden Dritten
Der Anspruch aus § 9a Abs. 4 WEG steht lediglich außenstehenden Dritten gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern zu, nicht jedoch den einzelnen Wohnungseigentümern untereinander. Hat einer der Wohnungseigentümer also eine Verbindlichkeit der GdWE erfüllt, hat er zwar einen Ersatzanspruch gegen die Gemeinschaft. Daneben aber haften die übrigen Wohnungseigentümer nicht nach § 9a Abs. 4 WEG auf anteiligen Ersatz. Dies gilt auch, wenn die Verbindlichkeit aus einer Notgeschäftsführungsmaßnahme resultiert. Dies gilt weiter auch unabhängig davon, ob eine Befriedigung aus dem Verwaltungsvermögen zu erwarten ist oder nicht. Etwas anderes würde nur dann gelten, wenn die geltend gemachten Ansprüche in keinerlei Zu...