Das Offenhalten einer Haustür stellt keinen ordnungsmäßigen Gebrauch i. S. d. § 19 Abs. 1 WEG dar.[1] Ordnungsmäßig ist danach ein Gebrauch, der u. a. den Interessen der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entspricht. Bei Wohngebäuden besteht der Zweck einer Haustür im Wesentlichen darin, die Bewohner und die Räume vor Übergriffen Unbefugter zu schützen. Dieser Sicherungsfunktion ist eine gesteigerte Bedeutung dann zuzumessen, wenn die Tür mit einer kombinierten Sprech- und Türöffnungsanlage ausgestattet ist. Sie soll den Bewohnern ein bequemes Öffnen ermöglichen und vor allen Dingen das unkontrollierte Betreten des Hauses durch Fremde verhindern.

Dies gilt auch, wenn das Haus nicht ausschließlich zu Wohnzwecken, sondern z. B. als Arztpraxis genutzt wird. Die Eingangstür kann ihre Sicherungsfunktion nur dann erfüllen, wenn sie ganztägig geschlossen bleibt. Dies gilt insbesondere, wenn der überwiegende Teil der Bewohner berufstätig ist, wodurch eine Kontrolle des unbefugten Zutritts zusätzlich erschwert wird.

 
Hinweis

Sicherungsfunktion entfällt nicht durch langjährige Duldung

Auch wenn seit 18 Jahren trotz Bestehens einer elektrischen Türöffnungsanlage die Haustür geöffnet gehalten wurde, wird dadurch das Sicherheitsinteresse für die übrigen Miteigentümer nicht beseitigt. Ob langjährige Übung eines nicht ordnungsgemäßen Gebrauchs überhaupt Rechte zu schaffen vermag, ist fraglich. Die Duldung eines nicht ordnungsgemäßen Gebrauchs stellt keinen endgültigen Verzicht auf die Sicherheitsinteressen der übrigen Miteigentümer zum jetzigen Zeitpunkt dar. Die Bedürfnisse und örtlichen Verhältnisse können sich wesentlich verändert haben. Des Weiteren und maßgeblich ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nicht der Verjährung unterliegt.

Sicherheitsinteressen haben Vorrang

Ein Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liegt durch ein Verschließen der Haustür nicht vor. Grundsätzlich haben bei einem überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Gebäude die Belange eines einzelnen Gewerbetreibenden keinen Vorrang vor den Sicherheitsinteressen anderer Bewohner. Der Gewerbetreibende ist als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft in diese eingebunden, daher sind auch seine Eigentumsrechte durch die Rechte der Miteigentümer begrenzt. Im Interesse des Zusammenlebens sind ggf. Einschränkungen bei dem Betrieb einer Praxis hinzunehmen. Diese erscheinen auch nicht unzumutbar, da es unbenommen ist, mehrere Knöpfe in der Praxis zu installieren, von denen die Türöffnung bewerkstelligt werden kann.

Im Einzelfall kann die Pflicht zum Verschließen eines Tores entfallen. Ein Wohnungseigentümer ist nicht verpflichtet, ein reparaturbedürftiges Rolltor, das nicht mit einer Klingelanlage ausgestattet ist, stets vollständig zu schließen.[2]

[2] LG Hamburg v. 20.10.2010, 318 S 36/10, ZMR 2011 S. 232.

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