F.I

Grundsätze

 

F.I.1

Der Überbau (§ 912 BGB) und der Notweg (§ 917 BGB) stellen nachbarrechtliche Beschränkungen des Eigentums dar. Landesrechtliche Vorschriften (z. B. Bauordnungsrecht und Nachbarrecht) sind zu beachten.

 

F.I.2

Bei einem Überbau ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass der Eigentümer des begünstigten Grundstücks den Vorteil, den er durch den Überbau erlangt, in absehbarer Zeit aufgeben wird. Daher ist im Falle einer Verrentung von einer Zeitrente auszugehen, deren Dauer unter Berücksichtigung der Möglichkeit nutzungsdauerverlängernder Investitionen einzuschätzen ist, in begründeten Fällen kann von einer ewigen Rente ausgegangen werden. Demgegenüber besteht ein Notweg in der Regel nur vorübergehend.

 

F.I.3

Wenn ein Überbau vom Eigentümer des überbauten Grundstücks zu dulden ist, so ist dieser für den Nutzungsverlust durch eine Geldrente zu entschädigen (Überbaurente) oder er kann vom Verursacher des Überbaus den Ankauf der betroffenen Grundstücksfläche verlangen (§ 915 Absatz 1 BGB).

 

F.I.4

Bei einem Notweg ist der Eigentümer des belasteten Grundstücks ebenfalls für den Nutzungsverlust durch eine Geldrente zu entschädigen. Es besteht aber keine Abkaufverpflichtung für den Begünstigten des Notwegs.

 

F.I.5

Die Überbaurente wird bemessen nach dem Bodenwert der überbauten Grundstücksfläche sowie der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts. Maßgeblich sind die allgemeinen Wertverhältnisse und die Grundstücksmerkmale zum Zeitpunkt des Überbaus.

 

F.I.6

Die Notwegerente wird bemessen nach dem Bodenwert der Notwegefläche sowie der angemessenen Verzinsung des Bodenwerts. Maßgeblich sind die allgemeinen Wertverhältnisse und die Grundstücksmerkmale zum Zeitpunkt der Entstehung des Notwegs.

 

F.I.7

Die Verzinsung des Bodenwerts nach Nummer I.6 und I.7 erfolgt mit einem geeigneten Zinssatz, der sich am Liegenschaftszinssatz orientieren kann. Die gesetzlich vorgeschriebene jährlich vorschüssige Zahlungsweise (§ 913 Absatz 2 BGB) ist zu berücksichtigen.

 

F.I.8

Eine Anpassung der gesetzlich geregelten Geldrente ist nicht vorgesehen. Daher gleicht der Barwert der Rente die tatsächliche Bodenwertminderung im Zeitverlauf aufgrund von sich ändernden allgemeinen Wertverhältnissen in der Regel nicht mehr aus.

 

F.II

Wert des belasteten Grundstücks

 

F.II.1

Bei einem Überbau ergibt sich der Verkehrswert des belasteten (überbauten) Grundstücks in der Regel aus dem marktangepassten vorläufigen Verfahrenswert des fiktiv unbelasteten Grundstücks, ohne den überbauten Gebäudeteil, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vor- und Nachteile (§ 47 Absatz 3 Nummer 1).

Der wirtschaftliche Nachteil ergibt sich insbesondere durch einen Abschlag

  • in Höhe des Bodenwerts des durch den Überbau belasteten Grundstücksteils und
  • ggf. aufgrund einer eingeschränkten Nutzbarkeit des Restgrundstücks.

Die wirtschaftlichen Vorteile ergeben sich insbesondere durch Zuschläge

  • in Höhe des Barwerts der Überbaurente und
  • des abgezinsten Bodenwerts des überbauten Grundstücksteils.
 

F.II.2

Weitere wirtschaftliche Vor- und Nachteile sind zu berücksichtigen, sofern sie zuvor noch nicht erfasst wurden und dies dem gewöhnlichen Geschäftsverkehr entspricht.

 

F.II.3

Bei Vorliegen eines Notwegs erfolgt die Wertermittlung analog der Vorgehensweise beim Wegerecht. Wenn das Notwegerecht nur vorübergehend besteht, ist dies zu berücksichtigen.

 

F.III

Wert des begünstigten Grundstücks

 

F.III.1

Bei der Bewertung des durch einen Überbau oder einen Notweg begünstigten Grundstücks ist zu berücksichtigen, dass Vorteile durch das Recht bereits im marktangepassten vorläufigen Verfahrenswert enthalten sein können (z. B. durch das Maß der baulichen Nutzung).

 

F.III.2

Bei einem Überbau ergibt sich der Verkehrswert des begünstigten Grundstücks, in der Regel aus dem marktangepassten vorläufigen Verfahrenswert des Grundstücks, einschließlich des Gebäudeteils, der über die Grundstücksgrenze gebaut wurde, unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Vor- und Nachteile (§ 47 Absatz 3 Nummer 1).

Der wirtschaftliche Nachteil ergibt sich insbesondere durch einen Abschlag

  • in Höhe des Barwerts der Überbaurente.

Der wirtschaftliche Vorteil wird in der Regel dadurch berücksichtigt,

  • dass der überbaute Gebäudeteil bereits im marktangepassten vorläufigen Verfahrenswert enthalten ist.
 

F.III.3

Beim Notweg ergibt sich der Verkehrswert des begünstigten Grundstücks in der Regel aus dem marktangepassten vorläufigen Verfahrenswert des Grundstücks, unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Vor- und Nachteile (§ 47 Absatz 3 Nummer 1).

Der wirtschaftliche Nachteil ergibt sich insbesondere durch einen Abschlag

  • in Höhe des Barwerts der Notwegerente.

Der wirtschaftliche Vorteil wird in der Regel bereits im marktangepassten Verfahrenswert berücksichtigt,

  • da der Notweg die für eine ordnungsgemäße Benutzung notwendige Verbindung des begünstigten Grundstücks mit dem öffentlichen Weg sichert (§ 917 Absatz 1 BGB).
 

F.III.4

Weitere wirtschaftliche Vor- und Nachteile sind zu berücksichtigen, sofern sie zuvor noch...

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