Problemüberblick
B hat mit den späteren Wohnungseigentümern keinen Bauträgervertrag geschlossen. Wird gebrauchtes Wohnungseigentum veräußert (= ein reiner Kaufvertrag), kann man dennoch fragen, ob die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer für das gemeinschaftliche Eigentum Rechte aus dem Erwerbsvertrag hat.
Bisherige Rechtsprechung
Der V. Zivilsenat meinte zum bis zum 1.12.2020 geltenden Recht, allein nach Kaufrecht zu beurteilende Ansprüche auf Minderung und sog. kleinen Schadensersatz, würden jedenfalls dann nicht in den Anwendungsbereich des § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. fallen, wenn ein gebrauchtes Wohnungseigentum unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel verkauft und eine Beschaffenheitsgarantie nicht vereinbart worden ist (BGH, Urteil v. 24.7.2015, V ZR 167/14). Anders als bei einem Erwerb vom Bauträger existierten in aller Regel schon keine gleichgerichteten Ansprüche mehrerer Erwerber gegen einen einzigen Veräußerer.
Der VII. Zivilsenat entschied, die Wohnungseigentümer könnten kaufvertragliche Nacherfüllungsansprüche vergemeinschaften, wenn diese Ansprüche jeweils in vollem Umfang auf Beseitigung der Mängel am gemeinschaftlichen Eigentum und damit auf das gleiche Ziel gerichtet seien (BGH, Urteil v. 25.2.2016, VII ZR 156/13, Rn. 18). Die Befugnis bestehe selbst dann, wenn nur ein Erwerber noch ein durchsetzbares Recht auf ordnungsmäßige Herstellung des gemeinschaftlichen Eigentums haben sollte.
Bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist, welchen Inhalt der Nacherfüllungsanspruch gem. §§ 437 Nr. 1, 439 BGB bei einem Verkauf eines gebrauchten Wohnungseigentums im Allgemeinen hat. Der BGH hat vielmehr ausdrücklich offengelassen, ob der Verkäufer in einem solchen Fall gehalten ist, dem Käufer insgesamt mangelfreies gemeinschaftliches Eigentum mit der Folge eines entsprechenden "vollen" Nacherfüllungsanspruchs zu verschaffen, oder ob der Nacherfüllungsanspruch sich lediglich auf einen Anspruch auf Freistellung von den Kosten zur Beseitigung des Mangels am gemeinschaftlichen Eigentum in Höhe der Quote des Miteigentumsanteils (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG) beschränkt (BGH, Urteil v. 25.2.2016, VII ZR 156/13, Rn. 39).
Einordnung
Die OLG-Lösung ist mit sehr großer Vorsicht zu genießen. § 9a Abs. 2 WEG soll nach seinem Sinn und Zweck nicht dazu dienen, in jeden Erwerbsvertrag über ein gebrauchtes Wohnungseigentum in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum hineinzuregieren. Da § 9a Abs. 2 WEG die primären werkvertraglichen Rechte nicht erfasst, lässt sich für das Kaufrecht insoweit wohl nichts anderes begründen.
Eine Vergemeinschaftung wird hingegen seit dem 1.12.2020 für die Mängelrechte aus dem Werkvertrag diskutiert. Zwar ist die § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG a. F. immanente Möglichkeit, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer durch einen Beschluss Rechte der Wohnungseigentümer in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum zur Ausübung zu übertragen, entfallen. Dennoch könnte sich im Bereich des Bauträgerrechts nichts geändert haben. Bejaht man eine Vergemeinschaftung im Werkvertragsrecht, wird man dies auch im Kaufrecht – wie bislang – erwägen müssen. Entsprechende Beschlüsse vor dem 1.12.2020 wirken jedenfalls fort.