Leitsatz (amtlich)
§ 522 Abs. 2 ZPO eröffnet keinen Ermessensspielraum. Es besteht lediglich ein Beurteilungsspielraum für die Frage, ob die Voraussetzungen für das Beschlussverfahren vorliegen. Das Berufungsgericht muss von dem Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO Gebrauch machen, wenn es nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage einstimmig der Ansicht ist, dass die Tatbestandsmerkmale dieser Norm im konkreten Fall erfüllt sind.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 11 O 264/03) |
Tenor
Die Gegenvorstellungen des Klägers vom 20.10.2004 werden zurückgewiesen.
Gründe
In entsprechender Anwendung des § 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO sind Gegenvorstellungen gegen einen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO nach ständiger Rechtsprechung des Senats nur dann zulässig, wenn das Gericht den Anspruch einer Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Das ist hier nicht der Fall; denn der Senat hat dem Kläger in einem ausführlichen Hinweis seine Rechtsansicht zu der Berufung mitgeteilt und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Stellungnahme hat der Senat bei dem angefochtenen Beschluss berücksichtigt, sie aber nicht für erheblich gehalten. Dabei vermag sich der Senat der Ansicht des Klägers, der streitgegenständliche Sachverhalt sei durch die Gerichte in unzulässiger Weise ergänzt worden, nicht anzuschließen. Der Senat hat seine rechtliche Würdigung am Vortrag des Klägers in der Berufungsbegründung ausgerichtet. Dass der Kläger damit nicht einverstanden ist, begründet keinen Anspruch auf Wiedereintritt in das Verfahren.
Soweit der Kläger möglicherweise meint, sein Anspruch auf rechtliches Gehör sei durch die vom Senat gewählte Verfahrensart nicht gewährleistet, weil der Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO unanfechtbar ist, vermag sich der Senat dem nicht anzuschließen.
Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass § 522 Abs. 2 ZPO keinen Ermessensspielraum eröffnet. Es besteht lediglich ein Beurteilungsspielraum für die Frage, ob die Voraussetzungen für das Beschlussverfahren vorliegen. Der Senat ist daher in ständiger Rechtsprechung der Auffassung, dass er von dem Verfahren nach § 522 Abs. 2 ZPO Gebrauch machen muss, wenn er nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage einstimmig der Ansicht ist, dass die Tatbestandsmerkmale dieser Norm im konkreten Fall erfüllt sind.
Dabei genügt es im Rahmen des § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, dass die Berufung keine Erfolgsaussicht hat. Auf die Qualität der Berufungsbegründung kommt es nicht an. Das Rechtsmittel muss daher auch nicht offensichtlich unbegründet sein; es reicht aus, wenn das erkennende Gericht einstimmig der Ansicht ist, dass die Berufung als unbegründet zurückzuweisen ist und die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 2 und 3 ZPO vorliegen. Dadurch wird entgegen der Ansicht des Klägers die Übertragung eines Rechtsstreits in der Berufungsinstanz auf den Einzelrichter keineswegs ausgeschlossen; denn die Entscheidung darüber ist stets dann zu treffen, wenn nicht einstimmig über die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO entschieden wird und der Senat nach Prüfung der Voraussetzungen des § 526 Abs. 1 ZPO meint, der Fall sei für eine Entscheidung durch den Einzelrichter geeignet.
Für die Durchführung des Beschlussverfahrens ist der Streitwert nicht maßgebend; anderenfalls hätte der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung treffen müssen. Davon hat er keinen Gebrauch gemacht und damit in Kauf genommen, dass die wirtschaftliche Bedeutung, die der Rechtsstreit für die Parteien im Einzelfall haben könnte, keine entscheidungserhebliche Rolle für die Verfahrensart spielt.
Rechtlich unerheblich ist auch, ob andere Gerichte das Beschlussverfahren nur restriktiv oder gar nicht anwenden. Die Entscheidung darüber bleibt jedem Spruchkörper in richterlicher Unabhängigkeit vorbehalten.
Fundstellen
Haufe-Index 1256798 |
KG-Report 2005, 109 |