Leitsatz (amtlich)
Das Gericht ist nicht gehalten, den auf Antrag einer Partei zur Erläuterung seines Gutachtens geladenen Sachverständigen, der am Erscheinen verhindert war, erneut zu laden, wenn es das Gutachten (zur Behauptung des Beklagten, sein Fahrzeug habe im Unfallzeitpunkt gestanden), nicht mehr für entscheidungserheblich hält (weil nur die Dauer der Standzeit erheblich sei, die durch ein Gutachten nicht zu klären ist).
Hat das Gericht dies der beweisbelasteten Partei rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt und verhandelt die Partei, ohne zuvor einen erneuten Antrag auf Ladung des Sachverständigen zu stellen, so liegt darin ein schlüssiger Verzicht auf dessen Anhörung und die Partei kann im Berufungsverfahren keinen Verfahrensfehler des Erstgerichts geltend machen.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 58 O 91/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.
Gründe
Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg, die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern keine Entscheidung des Berufungsgerichts, § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
Beides ist nicht der Fall.
Das LG hat die Klage mit dem angegriffenen Urteil zu Recht abgewiesen, weil der streitgegenständliche Verkehrsunfall unstreitig beim Einfahren der Klägerin aus einem Grundstück erfolgte und die Klägerin nicht dargelegt und bewiesen hat, dass sie - entgegen dem gegen sie sprechenden Anscheinsbeweis - ihrer äußersten Sorgfaltspflicht gem. § 10 StVO nachgekommen ist, eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer auszuschließen und dass eine unfallursächliche Sorgfaltspflichtverletzung des Zweitbeklagten festzustellen ist.
Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend ist auf die Berufungsangriffe Folgendes auszuführen:
1. Das LG hat das rechtliche Gehör der Klägerin nicht verletzt, indem es den Sachverständigen D. nicht zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens erneut geladen hat, nachdem dieser mitgeteilt hatte, der Ladung zu dem vorgesehenen Termin zur mündlichen Verhandlung nicht nachkommen zu können.
a) Das Gericht darf eine aus seiner gegebenenfalls in diesem Zeitpunkt des Verfahrens geänderten Sicht nicht erforderliche Beweisaufnahme abbrechen, wenn es die Klärung des unter Beweis gestellten Vorbringens der beweisbelasteten Partei nicht (mehr) für erforderlich hält.
b) Die Klägerin hat darüber hinaus auch auf die Ladung des Sachverständigen nach § 411 Abs. 3 ZPO konkludent verzichtet, indem sie in der mündlichen Verhandlung vom 8.2.2010 dessen Nichtladung, die das Gericht bereits durch Verfügung vom 23.12.2009 angekündigt hatte, nicht gerügt und die Ladung des Sachverständigen nicht nochmals beantragt hat (vgl. auch Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 411 Rz. 5a, sowie § 295 ZPO). Zwar stellt die ausreichende Gewährung rechtlichen Gehörs eine grundsätzlich unverzichtbare Verfahrensvorschrift dar. Die Klägerin hatte jedoch ausreichend rechtliches Gehör.
Nach der gerichtlichen Verfügung vom 23.12.2009 hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 30.12.2009 nochmals erklärt, dass der Sachverständige angehört werden und sein schriftliches Gutachten ergänzt werden müsse. Hierauf hatte das LG mit Verfügung vom 7.1.2010 reagiert und erklärt, dass es nach seiner Rechtsauffassung nicht entscheidungserheblich sei, ob das Fahrzeug der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls gestanden habe. Genau dies war jedoch, neben Fragen zur Schadenshöhe, der allein streitige Punkt des vom LG eingeholten Sachverständigengutachtens.
Wenn die Klägerin nunmehr in der mündlichen Verhandlung vom 8.2.2010, die nach erneuter Verhandlung der Parteien zum Ergebnis der Beweisaufnahme und damit erneuter Gewährung rechtlichen Gehörs geschlossen worden ist, die Nichtladung des Sachverständigen nicht nochmals rügte bzw. keinen erneuten Antrag auf dessen Ladung stellte, so kann darin nur ein konkludenter Verzicht auf das Recht der Klägerin gesehen werden, den Sachverständigen unabhängig von einem möglichen Klärungsbedarf des Gerichts anzuhören.
Dass das Gericht den Sachverständigen nicht laden wollte, war der Klägerin bereits vor diesem Termin bekannt; die Gründe waren ihr mitgeteilt worden. Wenn zu diesem Punkt nach erneuter Verhandlung zum Ergebnis der Beweisaufnahme kein neuer oder wiederholter Antrag gestellt wird, so ergibt sich keine Verpflichtung des Gerichts, die Sache zu vertagen und den Sachverständigen - allein auf den bereits zuvor gestellten Antrag der Klägerin - zu laden. Auch hat die Klägerin den aus ihrer heutigen Sicht bestehenden Verfahrensfehler nicht gerügt, § 295 ZPO.
2. Das ...