Leitsatz (amtlich)

1. Eine Ehescheidung durch Übereinkunft (hier japanischen Rechts), deren für die Wirksamkeit erforderliche Anmeldung von der Registerbehörde nur formal geprüft wird, ist eine Privatscheidung, die nur anerkannt werden kann, wenn die Voraussetzungen des aus deutscher Sicht maßgeblichen Scheidungsstatuts erfüllt sind. Sie unterfällt nicht dem Anwendungsbereich der Rom III-VO.

2. Eine Rechtswahl gemäß Art. 17 Abs. 2 EGBGB i.V.m. Artt. 5 ff. EGBGB setzt zumindest den übereinstimmenden Willen der Ehegatten voraus, ein Recht zu wählen, der in der Urkunde hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht wird; ein nur hypothetischer Wille oder eine bloße Geltungsannahme genügen nicht.

 

Normenkette

BGB § 1564; Brüssel IIa-VO Art. 21 Abs. 1; EGBGB Art. 17 Abs. 2; FamFG §§ 107, 109; Rom III-VO Art. 1 Abs. 1, Art. 5, 7-8

 

Tenor

Der Antrag des Beteiligten zu 1) auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung - II B 9 3465/E/1983/2019 - vom 23. März 2020 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Beteiligte zu 1), deutscher Staatsangehöriger, und die Beteiligte zu 2), japanische Staatsangehörige, schlossen im Juni 2002 vor einem deutschen Standesamt die Ehe. Danach lebten sie bis Oktober 2006 gemeinsam in der Bundesrepublik Deutschland, von November 2006 bis April 2008 in Großbritannien. Seit August 2008 lebten sie gemeinsam in Australien, wo sie sich am 20. Dezember 2010 trennten. Sodann hatte der Beteiligte zu 1) seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Singapur und die Beteiligte zu 2) in Japan. Am ... 2012 gebar die Beteiligte zu 2) in Japan ein Kind. Am 7. Januar 2014 wurde die Ehescheidung der Beteiligten in das japanische Familienregister eingetragen.

Der Beteiligte zu 1) hat unter dem 20. November 2019 beantragt festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung der Scheidung vorliegen, und hierzu einen Auszug aus dem japanischen Familienregister mit Apostille vorgelegt. Die Senatsverwaltung hat den Antrag mit dem angefochtenen Bescheid zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten und den Verwaltungsvor- gang Bezug genommen.

II. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig (§ 107 Abs. 5 und 7 i.V.m. §§ 58 ff. FamFG), jedoch nicht begründet. Die Senatsverwaltung hat die beantragte Feststellung zu Recht abgelehnt.

Allerdings ist das Anerkennungsverfahren nach § 107 FamFG eröffnet. Eine Privatscheidung ist als Entscheidung i.S.v. § 107 Abs. 1 FamFG anzusehen, wenn daran eine ausländische Behörde entsprechend den von ihr zu beachtenden Normen in irgendeiner Form, und sei es auch nur registrierend, mitgewirkt hat (BGH, NJW 2019, 931 Rn. 15). Das Verfahren ist nicht durch vorrangige Rechtsakte der Europäischen Union (§ 97 Abs. 1 S. 2 FamFG) ausgeschlossen. Art. 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 - Brüssel IIa-VO - greift schon deshalb nicht, weil die Ehe nicht in einem Mitgliedstaat geschieden wurde.

Die Voraussetzungen für die Anerkennung der Scheidung liegen aber nicht vor. Maßstab für die Anerkennung ist nicht § 109 FamFG. Die Vorschrift kommt nur zur Anwendung, soweit es um die Anerkennung eines konstitutiven Hoheitsaktes geht. Die Anerkennung einer im Ausland erfolgten Privatscheidung ist hingegen nur möglich, wenn die Voraussetzungen des aus deutscher Sicht maßgeblichen Scheidungsstatuts erfüllt sind (BGH, Beschluss vom 26. August 2020 - XII ZB 158/18 - juris Rn. 23; NJW-RR 2008, 1169 Rn. 36; NJW 1990, 2194, 2195). Ob eine verfahrensrechtliche Anerkennung de lege ferenda wünschenswert wäre (vgl. dazu Antomo, StAZ 2019, 33, 34 f. m.w.N.), ist nicht erheblich.

Der Eintragung in das Familienregister liegt eine Privatscheidung zu Grunde. Gemäß Art. 736 des japanischen Zivilgesetzes Nrn. 89/1896 und 9/1898 (jap.ZGB, wiedergegeben bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Stand Sept. 2020, Japan S. 59 ff.) können die Ehegatten die Ehe - jederzeit (Motozawa, FamRZ 1989, 459, 461) - einvernehmlich scheiden. Die Ehescheidung durch Übereinkunft bedarf zweier Zeugen und wird mit der schriftlichen (formularmäßigen, vgl. Motozawa, a.a.O., S. 460) oder mündlichen Anmeldung zur Eintragung in das Familienregister wirksam, Artt. 764, 739 Abs. 2 jap.ZGB i.V.m. Artt. 15, 25, 29, 33, 37, 76 des Familienregistergesetzes Nr. 224/1947 (jap.FRG, wiedergegeben bei Bergmann/ Ferid, a.a.O., S. 81 ff.). Zur Anmeldung gehört auch deren Annahme durch die Behörde, die das Familienregister führt (vgl. OLG Celle, FamRZ 1998, 686; Motozawa, a.a.O.). Gemäß Art. 765 Abs. 1 jap.ZGB kann die Anmeldung nur angenommen werden, wenn sie den Bestimmungen des Art. 739 Abs. 2 sowie des Art. 819 Abs. 1 jap.ZGB oder anderer Gesetze und Verordnungen nicht widerspricht. Der rechtlichen Einordnung als Privatscheidung steht eine solche Prüfung (vgl. BGH, Beschl. v. 26. Aug. 2020, a.a.O. Rn. 14 ff.; FamRZ 2008, 1409 Rn. 34 jew. zur gerichtlichen ...

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