Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückführung und entgegensehende Gründe nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b HKÜ
Leitsatz (amtlich)
Dass der Rückführung der Kinder Gründe nach Art. 13 Abs. 1 Buchst. b HKÜ entgegen stehen, ist auch nach den weiteren Ausführungen nicht ersichtlich. (Rn. 2)
Normenkette
KiEntfÜbk Haag Art. 13 Abs. 1 Buchst. B
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 14.12.2017; Aktenzeichen 15 F 7684/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Vaters wird der Beschluss des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 14. Dezember 2017 geändert:
1. Die Mutter wird verpflichtet, die Kinder Ajsa H., Ajla H., Ibrahim H. und Davud H. unverzüglich nach Serbien zurückzuführen.
2. Kommt die Mutter der Verpflichtung aus Nr. 1. nicht innerhalb von 2 Wochen ab Erlass dieses Beschlusses nach, so ist sie und jede andere Person, bei der sich die Kinder auf halten, verpflichtet, die Kinder an den Vater oder eine von diesem bestimmte Person zum Zwecke der Rückführung nach Bulgarien herauszugeben.
3. Gegen die Mutter kann der Senat für jeden Fall der schuldhaften Zuwiderhandlung gegen eine Verpflichtung aus diesem Beschluss Ordnungsgeld bis zu 25.000 EUR und für den Fall, dass es nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu 6 Monaten anordnen; verspricht die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg, kann der Senat sogleich Ordnungshaft anordnen. Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn die Mutter Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass sie die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat.
Die Mutter hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, einschließlich der Rückführungskosten.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde (§§ 58 ff. FamFG, § 40 Abs. 2 IntFamRVG) ist begründet. Der Senat nimmt unter Berücksichtigung des weiteren Vorbringens auf seinen Hinweis vom 25. Februar 2018 Bezug. Die Ausführungen des Verfahrensbeistands zu Art. 77 Abs. 3 FamGB/Serbien geben die vom Senat in Bezug genommene Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (zum dortigen Sachverhalt und zu den rechtlichen Ausführungen) unzutreffend wieder. Der Entscheidung lag vielmehr ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde. Soweit der Verfahrensbeistand auf die vom Bundesamt für Justiz eingereichte Übersetzung des Art. 78 FamGB/Serbien verweist, begegnet diese Übersetzung angesichts der mit "Ausführung des Elternrechts" übersetzten Überschrift und entsprechender Übersetzung im weiteren Text, während es an anderen Stellen "Ausübung der elterlichen Sorge" lautet schon insoweit Bedenken. Der Senat hat deshalb im Hinweis die in sich schlüssigere deutsche Übersetzung aus Bergmann/Ferid zitiert. Letztlich kann das dahinstehen. Auch wenn es in Art. 78 Abs. 3 FamGB/Serbien nach der vom Bundesamt für Justiz eingereichten Übersetzung "gemeinsam oder vereinbarungsgemäß" lauten sollte statt "gemeinsam und einvernehmlich", ergibt sich daraus, dass eine alleinige Entscheidung eines Elternteils in diesen Bereichen nicht möglich ist Die Abgrenzung zur Entziehung des Elternrechts nach Art. 82 Abs. 4 FamGB/Serbien ist dabei zu beachten.
Dass der Rückführung der Kinder Gründe nach Art. 13 Abs. 1 b HKÜ entgegenstehen, ist auch nach den weiteren Ausführungen nicht ersichtlich. Die Rückführung der Kinder hat die Mutter zu veranlassen, sie ist nicht von vorneherein mit einer Rückgabe an den Vater verbunden. Zudem ist davon auszugehen, dass die Kinder in Serbien durch die dortigen Jugendbehörden hinreichenden Schutz erfahren würden, wenn die Vorwürfe der Mutter gegen den Vater - die dieser bestreitet und die im vorliegenden Verfahren nicht nachgewiesen sind - zutreffen. Dass die Mutter wegen ihres weiteren, am 2. Juli 2017 geborenen Kindes an der Rückkehr nach Serbien gehindert ist - sie selbst benötigt keine Zustimmung des Vaters ihres jüngsten Kindes - oder aber die Mitwirkung einer Vertrauensperson diesbezüglich nicht veranlassen kann, ist nicht ersichtlich. Der Senat weist insoweit darauf hin, dass das HKÜ die Entscheidungszuständigkeit des serbischen Gerichtes sichern soll, das darüber zu entscheiden hat, wo die Kinder künftig leben sollen. Ein dauernder Aufenthalt der Kinder in Serbien beim Vater ist nicht das Ziel der Rückführung, es geht um die Sicherung der Gerichtszuständigkeit für die Zeit des Verfahrens in Serbien.
Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 84, 81 FamFG, Art. 26 Abs. 4 HKÜ, § 45 FamGKG, §§ 44 Abs. 1,14 Nr. 2 IntFamRVG i.V.m. § 89 Abs. 4 FamFG.
Fundstellen
Dokument-Index HI15180346 |