Leitsatz (amtlich)
Die Einhaltung der Gebrauchsanweisung des Geräteherstellers ist in dem Sinne verbindlich, dass nur durch sie das hierdurch standardisierte Verfahren, das heißt ein bundesweit einheitliches, korrektes und erprobtes Vorgehen, sichergestellt ist. Kommt es im konkreten Einzelfall zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, so handelt es sich nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren, sondern ein individuelles, das nicht mehr die Vermutung der Richtigkeit und Genauigkeit für sich in Anspruch nehmen kann.
Verfahrensgang
AG Berlin (Entscheidung vom 29.11.2007) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 29. November 2007 mit den Feststellungen aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde - an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Das Amtsgericht hat den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Zuwiderhandlung gegen §§ 3 Abs. 3 [zu ergänzen: Nr. 1], 49 [Abs. 1 Nr. 3] StVO nach § 24 StVG zu einer Geldbuße von 100,-- Euro verurteilt, gegen ihn nach § 25 StVG ein Fahrverbot angeordnet und eine Bestimmung über das Wirksamwerden desselben getroffen. Seine Rechtsbeschwerde, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts rügt, hat Erfolg (UA S. 2).
Das Amtsgericht hat eine Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um 37 km/h als erwiesen angesehen. Der Betroffene hat die Geschwindigkeitsüberschreitung in Abrede gestellt.
In der Beweiswürdigung wird - soweit hier von Interesse - dargelegt, dass die Messung mit dem Gerät "Riegl FG 21-P" ordnungsgemäß vorgenommen worden und der Betroffene nach Abschluss derselben sogleich angehalten worden sei, so dass eine Personenverwechselung ausgeschlossen sei, wie die beiden als Messposten eingesetzten Polizeibeamten bekundet hätten. Vor Messbeginn sei die einwandfreie Aufstellung und Funktion des Geräts nach Herstellerangaben vorgenommen worden, insbesondere der Visiertest unter Verwendung eines Kunststoffreflektors erfolgt (UA S. 2). Hinsichtlich des Visiertests hätten die Zeugen auf ihre dienstlichen Äußerungen Bezug genommen (UA S. 2). Die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils stützt sich ferner auf ein auszugsweise verlesenes Gutachten eines sachverständigen Diplom-Ingenieurs (UA S. 2). Betreffend den Visiertest sind im Urteil Ausführungen aus dem Gutachten eingerückt. Insoweit heißt es, wenn man durch die Visiereinrichtung des Lasermessgeräts schaue, sehe man dort in der Mitte eine Markierung, die aus einem Ring und einem Punkt bestehe. Man könne auf den Gedanken kommen, dass der Punkt dem Laserstrahl entspreche. Dies treffe aber nicht zu. Diese Verwechselungsgefahr bestehe insbesondere bei dem Vorgängermodell des im vorliegenden Fall eingesetzten Geräts. Der Laserstrahl sei unsichtbar und von der Visiereinrichtung unabhängig. Dies bedeute, dass die Markierung der Visiereinrichtung und der Laserstrahl unter Umständen nicht das gleiche Ziel erfassten, wenn das Gerät dejustiert sei. Eine Ursache könne zum Beispiel darin bestehen, dass das Gerät größeren Stößen ausgesetzt gewesen oder heruntergefallen sei. Dadurch könnten sich die Messachse des Laserstrahls und der Visiereinrichtung gegeneinander verstellt haben. Um sicherzustellen, dass der Laserstrahl das anvisierte Objekt treffe, sei der Test der Visiereinrichtung vorzunehmen (UA S. 3). Schaue man in die Bedienungsanleitung des Geräts, "so soll(e) demnach der Reflektor an einer Wand oder einem Mast befestigt werden. Es sei nicht davon die Rede, dass er auch in der Hand gehalten werden könnte" (UA S. 4). Ausweislich der Akten sei bei der Durchführung des Visiertests ein Reflektor verwendet worden. Mit diesem in der Hand habe sich einer der Beamten von dem anderen weg begeben und sich umgedreht, woraufhin der Beamte mit dem Gerät den Test vorgenommen habe (UA S. 3). Selbstverständlich könne man einen derartigen Reflektor in der Hand nicht genauso festhalten wie einen an einem Mast oder ähnlichem befestigten Reflektor, da man mit der Hand bzw. dem Körper immer leicht hin- und herschwanke. "Im ersten Moment" könne sich daraus ein Problem für den Ablauf des Tests ergeben. Aus technischer Sicht mache es aber keinen Unterschied, ob beim Test der Visiereinrichtung das Messgerät hin- und hergeschwenkt werde oder beispielsweise auch der Reflektor. Das einzige Problem sei allenfalls, dass man "das Schwenken" (des Geräts) in horizontaler und vertikaler Richtung bei einem unwillkürlichen leichten Hin- und Herschwenken mit dem Reflektor "nicht so genau vorgeben" könne. Allerdings sei "der Dreh- und Angelpunkt" des Tests der Visiereinrichtung, dass sich gleichzeitig mit einem optischen Eindruck ein akustisches Signal verändere. Selbst wenn der Reflektor also leicht hin- und herschwanke, sei der Test dennoch erfolgreich durchführbar. In der Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils heißt es dann abschließend, angesichts der in sich schlüssigen glaubhaften Bekundungen "des Zeugen" ...