Entscheidungsstichwort (Thema)
Einwand des Zusammenlebens des Unterhaltspflichtigen mit dem Unterhaltsberechtigten Kind
Leitsatz (redaktionell)
Bei dem Einwand des Zusammenlebens des Unterhaltspflichtigen mit dem unterhaltsberechtigten Kind handelt es sich um eine die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffende Einwendung, die auch noch uneingeschränkt im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden kann (§§ 652 Abs. 2 S. 1, 648 Abs. 1 ZPO). Ziehen das Kind und der Antragsgegner während des vereinfachten Verfahrens in denselben Haushalt, so wird das Verfahren von dem Einzug an unzulässig, für den Zeitraum davor bleibt es jedoch zulässig.
Normenkette
ZPO § 652 Abs. 2 S. 1, § 648 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Berlin-Pankow/Weißensee (Beschluss vom 22.10.2008; Aktenzeichen 26 FH 209/08) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels der Beschluss des AG Pankow/Weißensee vom 22.10.2008 geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Unterhalt für das Kind ..., geboren am ..., den der Antragsgegner gem. § 7 des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) an den Antragsteller zu zahlen hat, wird im vereinfachten Verfahren wie folgt festgesetzt:
- rückständiger Unterhalt für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.7.2008 auf 875 EUR;
- laufender Unterhalt für die Zeit vom 1.8.2008 bis 15.9.2008 auf 187,50 EUR.
Im Übrigen wird der Antrag auf Unterhaltsfestsetzung zurückgewiesen.
Die Kosten der ersten Instanz tragen der Antragsgegner zu 4/9 und der Antragsteller zu 5/9. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.375 EUR festgesetzt.
Gründe
Die fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des AG Pankow/Weißensee vom 22.10. 2008 ist teilweise begründet und führt zur Abänderung des angefochtenen Beschlusses in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang.
Soweit der Antragsgegner seine sofortige Beschwerde auf den Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit gestützt hat, kann dieser Einwand im vereinfachten Verfahren allerdings keine Berücksichtigung finden. Denn gem. § 652 Abs. 2 Satz 2 ZPO kann die sofortige Beschwerde nicht auf Einwendungen nach § 648 Abs. 2 ZPO - und dazu gehört der Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit - gestützt werden, wenn diese nicht bereits erhoben waren, bevor der Festsetzungsbeschluss verfügt war. Der Antragsgegner wurde schon mit der Verfügung des Senats vom 22 12. 2008 darauf hingewiesen, dass er seine behauptete Leistungsunfähigkeit erstinstanzlich nicht in berücksichtigungsfähiger Weise dargetan hat und er diese Einwendung nur noch im Abänderungsverfahren nach § 654 ZPO vor dem Familiengericht geltend machen kann.
Die sofortige Beschwerde hat dagegen Erfolg, soweit sie darauf gestützt ist, dass der Antragsgegner - unstreitig - seit dem 15.9.2008 mit seinen Sohn ... und dessen Mutter in einem Haushalt zusammenlebt. Ab diesem Zeitpunkt besteht kein Anspruch des Kindes auf Barunterhalt gegen den Antragsgegner mehr. Bei dem Einwand des Zusammenlebens des Antragsgegners mit dem unterhaltsberechtigten Kind handelt es sich um eine die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens betreffende Einwendung (§§ 645 Abs. 1, 648 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), die auch noch uneingeschränkt im Beschwerdeverfahren geltend gemacht werden kann (§ 652 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Daran ändert auch der Umstand, dass der Antragsgegner den Einwand erst nach dem Erlass des angefochtenen Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses vorgebracht hat, nichts, da die Beschwerde auch auf neue Tatsachen gestützt werden kann (§ 571 Abs. 2 S. 1 ZPO, vgl. auch Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 652 Rz. 3 m.w.N.).
Da der Antragsgegner seit dem 15.9.2008 wieder mit seinem Sohn in einem Haushalt zusammenlebt, ist die Unterhaltsfestsetzung für den nachfolgenden Zeitraum nicht mehr gerechtfertigt. Allerdings führt der vor Erlass des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses erfolgte Wechsel des Antragsgegners in den Haushalt der Kindesmutter auch nicht dazu, dass das vereinfachte Verfahren insgesamt unzulässig würde. Vielmehr wird es erst vom Zeitpunkt des Einzugs an unzulässig; für die Zeit davor bleibt es zulässig (ebenso Zöller/Philippi, a.a.O., § 645 Rz. 1b; Schmitz in Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familiengerichtlichen Praxis, 7. Aufl., § 10 Rz. 332). Der entgegenstehenden Ansicht des OLG Celle (FamRZ 2003, 1475) vermag der Senat nicht zu folgen. Sie erscheint nicht sachgerecht und dürfte inzwischen auch überholt sein, nachdem der BGH mit Beschluss vom 21.12.2005 (FamRZ 2006, 402 ff.) betreffend die ähnlich gelagerte Fallkonstellation, dass das Kind zwischen der Antragstellung im vereinfachten Verfahren und der Entscheidung über den Festsetzungsantrag volljährig wird, entschieden hat, dass der Eintritt der Volljährigkeit die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens nicht entfallen lässt, sondern Unterhalt für die Zeit der Minderjährigkeit festgesetzt werden kann.
Soweit der übergegangene rückstän...