Leitsatz (amtlich)
1. Hinsichtlich des Transports von Personen mit einer ärztlichen Verordnung "Tragstuhlwagen" durch zugelassene Krankentransportwagen liegt - soweit der Genehmigungsvorbehalt nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG die Qualität der Beförderungsleistung sichern soll - nur ein Bagatellverstoß i.S.d. § 3 UWG vor: Im Übrigen fehlt es an einem hinreichenden Lauterkeitsbezug dieser Genehmigungsvorbehalts, soweit auch öffentliche Verkehrsinteressen gewahrt werden sollen.
2. Sammelfahrten bei Tragstuhlwagentransporten verletzten grundsätzlich allenfalls formal-rechtlich § 49 Abs. 4 PBefG; dieser Gesetzesverstoß unterfällt damit in der Regel der Bagatellgrenze des § 3 UWG.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 08.01.2007; Aktenzeichen 103 O 258/06) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Kammer für Handelssachen 103 des LG Berlin vom 8.1.2007 - 103 O 258/06 - wird zurückgewiesen.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Wert von 10.000 EUR zu tragen.
Gründe
A. Beide Parteien sind im Krankentransportwesen tätig.
Die Antragsgegnerin führt mit ihren zum Krankentransport zugelassenen Fahrzeugen auch Beförderungen von Personen durch, für die die ärztliche Versorgung nur den Transport mit einem "Tragstuhlwagen" vorsieht. Weiterhin befördert die Antragstellerin mit ihren Krankentransportwagen in Einzelfällen auch mehrere Personen zugleich.
Die Antragstellerin beanstandet den Transport der Personen mit einer ärztlichen Verordnung "Tragstuhlwagen", weil dies einen "Verkehr mit Mietwagen" nach § 2 Abs. 6, § 49 Abs. 4 PBefG darstelle und die von der Antragsgegnerin eingesetzten Fahrzeuge nur über eine Genehmigung als Krankentransportwagen nach § 3 Abs. 1, § 2 Abs. 3, § 10 Abs. 1, 2 Rettungsdienstgesetz Berlin (RDG) verfügten, nicht aber über eine solche nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4 PBefG für den "Verkehr mit Mietwagen". Der Transport mehrerer Personen sei als "Sammelfahrt" nach § 49 Abs. 4 PBefG unzulässig.
Das LG hat den Antrag auf Erlass einer Unterlassungsverfügung zurückgewiesen.
B. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist nach § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässig, aber nicht begründet, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.
I. Hinsichtlich des Transports der Personen mit einer ärztlichen Verordnung "Tragstuhlwagen" durch zugelassene Krankentransportwagen liegt - soweit der Genehmigungsvorbehalt nach § 2 Abs. 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 4, § 46 Abs. 2 Nr. 3, § 49 Abs. 4 PBefG auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln i.S.d. § 4 Nr. 11 UWG (Qualitätssicherung) - nur ein Bagatellverstoß i.S.d. § 3 UWG vor. Im Übrigen fehlt es an einem hinreichenden Lauterkeitsbezug des genannten Genehmigungsvorbehaltes, soweit auch öffentliche Verkehrsinteressen gewahrt werden sollen.
1. Es kann zugunsten der Antragstellerin davon ausgegangen werden, dass der Transport von Personen mit einer ärztlichen Verordnung "Tragstuhlwagen" keinen Krankentransport im Sinne des § 2 Abs. 3 RDG darstellt, weil insoweit das Vorhalten besonderer medizinischer Einrichtungen des Kraftfahrzeuges und einer medizinischen Ausbildung seiner Besatzung nicht erforderlich erscheint. Die Beförderung von kranken Personen, die keiner fachgerechten Hilfe oder Betreuung bedürfen, ist nach § 1 Abs. 2 Nr. 4 RDG von dem Geltungsbereich dieses Gesetzes ausdrücklich ausgenommen. Allein die Notwendigkeit einer transportspezifischen (etwa behindertengerechten) Einrichtung des Kraftfahrzeuges und einer Besatzung mit mindestens 2 Personen führt noch nicht aus dem Anwendungsbereich des Personenbeförderungsgesetzes heraus und hin zur Anwendung des RDG (vgl. nur § 47 Abs. 3 Nr. 4 PBefG).
Somit verstößt die Antragsgegnerin gegen das Genehmigungserfordernis nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG.
2. Dieses gesetzliche Genehmigungserfordernis ist an sich auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, § 4 Nr. 11 UWG.
a) Ein Gesetzesverstoß kann aber nur dann als unlauter mit den Mitteln des UWG verfolgt werden, wenn von ihm zugleich eine - den Verstoß prägende - unlautere Störung des Wettbewerbs auf dem Markt ausgeht. Es genügt nicht, dass bei einer Wettbewerbshandlung ein Gesetzesverstoß lediglich mitverwirklicht wird. Für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung von Verstößen gegen Vorschriften, die den Zutritt zum Markt regeln, gilt nichts anderes. Ein Anspruch nach dem UWG ist nicht immer schon dann gegeben, wenn ein Wettbewerber Vorschriften verletzt, bei deren Einhaltung er aus dem Markt ausscheiden müsste. Es ist nicht Sinn des UWG, dem Anspruchsberechtigten zu ermöglichen, Wettbewerber unter Berufung darauf, dass ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fern zu halten, wenn das betreffende Gesetz den Marktzutritt nur aus Gründen verhindern will, die den Schutz des lauteren Wettbewerbs nicht berühren. Unter dem Gesichtspunkt des Wettbewerbsrechts, zu dessen Zielen der Schutz der Freiheit des Wettbewerbs gehört, ist...