Leitsatz (amtlich)
Nach 1211 Nr. 2 Alt. 1 GKG-KV fällt nur eine 1,0 Gerichtsgebühr an, wenn das gesamte Verfahren durch ein Anerkenntnisurteil beendet wird. Das gilt auch dann, wenn streitige Kostenanträge gestellt werden und das Anerkenntnisurteil eine Begründung der Kostenentscheidung enthält.
Normenkette
GKG-KV 1211 Nr. 2 Alt. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 7 O 150/18) |
LG Berlin (Aktenzeichen 80 AR 60/20) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Erinnerungsführerin wird der Beschluss der Zivilkammer 80 des Landgerichts Berlin vom 15. Juni 2020 - 80 AR 60/20 - geändert:
Auf die Erinnerung der Erinnerungsführerin wird der Kostenansatz der Kostenbeamtin des Landgerichts Berlin vom 13.8.2018 geändert:
Die Gerichtskosten für die I. Instanz betragen 1.746 EUR.
2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Die Beschwerde der Erinnerungsführerin ist gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Erinnerungsführerin ist als Entscheidungsschuldnerin nach § 29 Nr. 1 GKG Kostenschuldnerin im Sinne des § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG geworden (vergleiche Hartmann/Toussaint, Kostenrechts, 50.Auflage, § 66 Rn. 7). Sie war daher zur Einlegung der Erinnerung berechtigt.
II. Die Beschwerde ist auch begründet, § 66 Abs. 2 GKG. Vorliegend hat sich die erstinstanzliche 3,0 Verfahrensgebühr aus Nr. 1210 KV GKG gemäß Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG wegen der Beendigung des gesamten Verfahrens durch landgerichtliches Anerkenntnisurteil auf eine 1,0 Verfahrensgebühr ermäßigt. Dieser Ermäßigung stehen entgegen der Annahme der Bezirksrevisorin die streitig gestellten Kostenanträge und die Begründung der Kostenentscheidung im Anerkenntnisurteil nicht entgegen.
1. Bei einer streitigen Kostenentscheidung in einem Anerkenntnisurteil verneint ein Teil der obergerichtlichen Rechtsprechung und der Literatur eine Ermäßigung insbesondere unter Hinweis darauf, dass nicht das "gesamte Verfahren" durch das Anerkenntnis beendet worden sei (OLG Hamburg, MDR 2000, 111; 2005, 1195 juris Rn. 3 ff; OLG Karlsruhe, 6. ZS, JurBüro 2001, 374 juris Rn. 7 f; KG, 25. ZS, MDR 2018, 494; Herget, MDR 1995, 785 und 1097; Lappe, NJW 1996, 1185, 1186; Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, § 307 Rn. 21; Zöller/Feskorn, ZPO, 33.Auflage, § 307 Rn. 14).
Überwiegend wird die Ermäßigung insbesondere im Hinblick auf den klaren Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bejaht (KG, 1. ZS, JurBüro 1997, 93 juris Rn. 3 ff; 19. ZS, Beschluss vom 16.7.2020, 19 W 8/20, Umdruck Seite 3 ff; OLG Karlsruhe, 13. ZS, MDR 1997, 399; OLG München, NJW-RR 1998, 720; OLG Bremen, JurBüro 2001, 373; OLG Dresden, Beschluss vom 6.9.2001, 3 W 1117/01, juris Rn. 5 ff; OLG Köln, FamRZ 2003, 1766 juris Rn. 4 ff; OLG Nürnberg, MDR 2003, 295 juris Rn. 2 ff; OLG Naumburg, JurBüro 2004, 324; OLG Hamm, JurBüro 2007, 151; OLG Rostock, JurBüro 2007, 323 juris Rn. 8 ff; OLG Stuttgart, AGS 2009, 248 juris Rn. 9 f; OLG Koblenz, Beschluss vom 9. 20.3.2011, 14 W 182/11, juris Rn. 3 ff; Seutemann, MDR 1995, 1096 und MDR 1996, 555, 556; Jungbauer, JurBüro 2001, 230, 232; Schneider, BRAGO-Report 2002, 73; Hartmann/Toussaint, Kostengesetze, 50.Auflage, KV 1211 GKG Rn. 20; Thomas/Putzo, ZPO, 41.Auflage, § 307 Rn. 3, 13; Stein/Jonas, ZPO, 23.Auflage, § 307 Rn. 55).
2. Der Senat schließt sich der Auffassung an, nach der der Ermäßigungstatbestand der Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG auch dann erfüllt ist, wenn die anerkennende Partei einen streitigen Kostenantrag stellt und das Gericht hierüber im Anerkenntnisurteil mit einer Begründung entscheidet (so auch schon Senat, Beschluss vom 26.8.2015, 5 W 154/15, Umdruck Seite 2).
a) Der Wortlaut der vorgenannten Ermäßigungsvorschrift ist insoweit eindeutig.
Nach Nr. 1211 Ziff. 2 Alt. 1 KV GKG setzt die Ermäßigung ein "Anerkenntnisurteil" voraus. Dass dieses Anerkenntnisurteil weder einen Tatbestand noch Entscheidungsgründe enthalten darf, wird nicht gefordert.
Soweit in Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG auf das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen abgestellt wird, bezieht sich dies allein auf Urteile nach § 313a Abs. 2 ZPO, also nur auf die 3. Alternative der Nr. 1211 Ziff. 2 KV GKG. Der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift gibt keinen Anhalt dahin, dass das Fehlen von Tatbestand und Entscheidungsgründen auch für die vorgenannten Alternativen "Anerkenntnisurteil" und "Verzichtsurteil" eine notwendige Voraussetzung wäre. Ein Entfallen von Tatbestand und Entscheidungsgründen im Falle eines Anerkenntnisses wird nicht in § 313a ZPO geregelt, sondern in § 313b ZPO. Der Text der 3. Alternative zu Ziff. 2 der Nr. 1211 KV GKG ist in seinem letzten Halbsatz ("... weil zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht wird [§ 313 a Abs. 4 Nr. 5 ZPO]") allein auf Urteile nach § 313 a Abs. 2 ZPO bezogen. Einer abweichenden Auslegung widerspricht darüber hinaus der Umstand, dass der Wortlaut der Ermäßigungsvorschrift bis 2004 in Nr. 1202 lit. b KV GKG allein auf ein "Anerkenntnis- und Verzichtsurteil" abstellte und mit der Gesetzesnovelle d...