Leitsatz (amtlich)
Der gem. § 50 FGG bestellte Verfahrenspfleger ist subjektiver Interessenvertreter für das Kind.
Es ist grundsätzlich nicht seine Aufgabe, eigenständige Ermittlungen hinsichtlich der dem objektiven Kindeswohl entsprechenden Entscheidung anzustellen.
Normenkette
FGG § 50
Verfahrensgang
AG Berlin-Tempelhof-Kreuzberg (Aktenzeichen 177 F 13062/99) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Verfahrenspflegerin wird der Beschluss des AG Tempelhof-Kreuzberg vom 8.11.2001 teilweise abgeändert:
Die der Verfahrenspflegerin zu gewährende Vergütung wird auf 1.494 DM (= 763,87 Euro) sowie 40 DM (= 20,45 Euro) Auslagen festgesetzt.
Die weiter gehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt 1.360,38 DM = 695,55 Euro.
Gründe
Die gem. §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3, 56 Abs. 5 FGG statthafte und rechtzeitig eingelegte sofortige Beschwerde hat in der Sache nur teilweise Erfolg. Soweit die Verfahrenspflegerin rügt, vor der Entscheidung nicht gehört worden zu sein, ist dies durch ihre Stellungnahme in der Beschwerdeinstanz geheilt.
Der Senat hat in seinem Beschluss vom 6.6.2000 (KG v. 6.6.2000 – 19 WF 2735/00, KGReport Berlin 2000, 277 = NJW-RR 2001, 73) grundlegende Ausführungen gemacht, für welche Tätigkeiten ein familiengerichtlicher Verfahrenspfleger Vergütung verlangen kann. An dieser Rspr. hält er auch in Kenntnis anderweitiger Entscheidungen einiger anderer OLG weiterhin fest, da er deren Ansicht insb. angesichts der Gesetzesmaterialien für nicht überzeugend erachtet. Dasselbe gilt z.B. für die sog. Standards der Verfahrenspfleger, die lediglich eine – vom Senat nicht geteilte – Interpretation der Rechtsstellung des Verfahrenspflegers darstellen. Somit ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:
Dem Verfahrenspfleger steht nach §§ 50 Abs. 5, 67 Abs. 3 FGG ein Anspruch auf Ersatz seiner Aufwendungen und eine Vergütung entspr. § 1 BVormVG zu. Dies gilt aber nur für die Zeiten und Aufwendungen, die auf die vom Gesetz dem Verfahrenspfleger zugewiesenen Tätigkeiten entfallen. Dies hat der Gesetzgeber in seiner Begründung zu dem Betreuungsrechtsänderungsgesetz ausdrücklich betont (BT-Drucks. 13/7158, 15) und in dem Wortlaut von § 1 BVormVG „für die Führung der Vormundschaft erforderliche Zeit” zum Ausdruck gebracht. Der Gesetzgeber hat – anders als z.B. bei der Erstattung der einem Vormund entstandenen Aufwendungen (§§ 670, 1835 Abs. 1 S. 1 BGB) – nicht darauf abgestellt, ob der Verfahrenspfleger sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte.
Die Beschwerdeführerin hat offenkundig aus ihrer Bestellung als Verfahrenspflegerin die Befugnis abgeleitet, umfangreiche Ermittlungen bei anderen Auskunftspersonen über die dem objektiven Kindeswohl am besten entsprechende Entscheidung anzustellen. Damit verkennt sie den Unterschied zwischen einem Sachverständigengutachten und der auf die subjektive Interessenwahrnehmung gerichteten Verfahrenspflegschaft, wie er auch von dem Gesetzgeber in der amtl. Begründung zu § 50 FGG (BT-Drucks. 13/4899, 129) betont wird. Die Nähe ihrer Tätigkeit zu der eines Sachverständigen ergibt sich auch aus Inhalt und Aufbau ihres „Berichtes” vom 3.12.1999, der mit einer „Empfehlung” endet.
Der Einführung des § 50 FGG lag die Erwägung des Gesetzgebers zugrunde, dass im Einzelfall trotz der Bestimmungen, die eine Entscheidung entspr. dem Wohl des Kindes sichern sollen, Defizite bei der Wahrung der Interessen der betroffenen Kinder auftreten können (vgl. BT-Drucks. 13/4899, 129). Es sollte dem Kind die Möglichkeit gegeben werden, vergleichbar seinen Eltern, die regelmäßig durch Verfahrensbevollmächtigte vertreten seien, auf das Verfahren Einfluss nehmen zu können (vgl. BT-Drucks. 13/4899, 129). Das Gericht hat den Verfahrenspfleger daher an den Verfahrenshandlungen zu beteiligen, es hat ihm insb. Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben und ihn zu den Anhörungsterminen (§§ 50a, b FGG) zu laden (vgl. nur Engelhardt in Keidel/Kuntze/Winkler, 14. Aufl., § 50 FGG Rz. 22). Auf diese verfahrensrechtliche Stellung beschränkt sich die Aufgabe des Verfahrenspflegers.
Insbesondere obliegt ihm nicht eine Erforschung der dem objektiven Kindeswohl am besten dienenden Entscheidung (ebenso z.B. OLG Schleswig v. 28.1.2000 – 15 WF 101/99, OLGReport Schleswig 2000, 177 ff.; OLG Brandenburg v. 12.2.2001 – 9 WF 19/01, MDR 2001, 573; JAmt 2001, 143). Dies ist Aufgabe des Gerichts, das sich dazu ggf. der Hilfe des Jugendamtes und/oder eines Sachverständigen bedienen oder eigene Ermittlungen anstellen kann. Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Hinweis darauf, dass mit dem Verfahrenspfleger eine weitere dem objektiven Kindeswohl verpflichtete Institution geschaffen werden sollte (ebenso OLG Schleswig v. 28.1.2000 – 15 WF 101/99, OLGReport Schleswig 2000, 177 ff.). Der Verfahrenspfleger ist – anstelle der Eltern, die wegen möglicher Interessenkollisionen in dem Fall der Bestellung des Verfahrenspflegers nicht als geeignet angesehen werden – subjek...