Leitsatz (amtlich)
1. Hat das Gericht bereits durch Beweisbeschluss die Einholung eines Gutachtens angeordnet, so sind die Kosten eines prozessbegleitenden Privatgutachtens unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit nicht erstattungsfähig, auch wenn die Gegenpartei zuvor ein Privatgutachten vorgelegt hat. Nach dem auch im Bereich des prozessualen Kostenrechts der §§ 91 ff. ZPO geltenden Grundsatz der sparsamen Prozessführung muss die Partei zunächst das Vorliegen des gerichtlichen Gutachtens abwarten, das sie dann ggf. mit Hilfe eines privaten Sachverständigen überprüfen lassen kann.
2. Die Hinzuziehung eines privaten Sachverständigen zu dem vom gerichtlich bestellten Sachverständigen anberaumten Ortstermin ist jedenfalls dann nicht notwendig, wenn die Partei bei diesem Termin anderweitig sachverständig vertreten ist.
3. Bei der Beauftragung mehrerer Sachverständiger kommt es für die Erstattungsfähigkeit der hierdurch entstandenen Kosten auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Kosten eines während des Rechtsstreits eingeholten Privatgutachtens sind jedenfalls dann erstattungsfähig, wenn dieses zur Erschütterung eines gerichtlichen Gutachtens sachdienlich ist und eine ergänzende Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen erforderlich macht.
4. Auch im Hinblick auf § 529 ZPO ist es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung in zweiter Instanz nicht notwendig, ein neues Privatgutachten einzuholen, wenn die Partei auf der Grundlage mehrerer bereits in erster Instanz eingeholter Privatgutachten in der Lage ist, sich mit der angefochtenen Entscheidung sachgerecht auseinander zu setzen. Allein der Umstand, dass das Gericht den in erster Instanz eingeholten Privatgutachten nicht gefolgt ist, rechtfertigt die Beauftragung neuer Gutachter zur Durchführung der Berufung nicht.
5. Ruft ein neues zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendiges Privatgutachten, das in zweiter Instanz vorgelegt wird, die Vorlage weiterer privatgutachterlicher Stellungnahmen der Gegenpartei hervor, so können auch die weiteren diesbezüglichen Stellungnahmen der Privatgutachter der anderen Partei nicht erstattungsfähig sein.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.07.2009; Aktenzeichen 3 O 503/02) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Streithelfer wird der Kostenfestsetzungs-beschluss des LG Berlin - 3 O 503/02 - vom 10.7.2009 unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde im Übrigen teilweise abgeändert und insgesamt neu gefasst wie folgt:
Die nach dem Urteil des Kammgerichts vom 15.5.2008 - 27 U 97/07 - und dem Beschluss des BGH v. 15.1.2009 - V ZR 129/08 - von dem Kläger an die Streithelfer zu erstattenden Kosten werden auf 70.513 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16.2.2009 festgesetzt.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger 28 % und die Streithelfer als Gesamtschuldner 72 %.
Der Beschwerdewert wird auf bis zu 25.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger und Beschwerdegegner (nachfolgend Kläger) begehrte von der Beklagten, die im Auftrag der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben ehemals land- und forstwirtschaftliche Flächen in den neuen Bundesländern privatisiert, den Erwerb eines Forstes in Sachsen-Anhalt. Die Beklagte hatte sich entschlossen, den Forst an die Streithelfer und Beschwerdeführer (nachfolgend Streithelfer) zu veräußern.
Der Kläger unterlag im Hauptsacheverfahren schließlich in vollem Umfang und hat die Kosten des Rechtsstreits und die durch die Streitverkündung entstandenen Kosten zu tragen. Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ist die Frage, inwieweit er den Streithelfern die Kosten für Aufwendungen mehrerer von ihnen privat beauftragter Gutachter zu erstatten hat.
In dem zunächst vor dem LG Berlin geführten Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung - 3 O 494/02 - wurde der Beklagten durch Beschluss vom 19.10.2002 bis zum 1.11.2002 untersagt, den Forst an einen anderen Kaufinteressenten als den Kläger zu verkaufen oder sonst zu veräußern. Durch Urteil vom 10.1.2003 wurde der Beklagten untersagt, den Forst bis zu einer erneuten Entscheidung über die Bewerbung des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu veräußern. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein und reichte mit Schriftsatz vom 12.6.2003 das Gutachten des von ihm privat beauftragten Sachverständigen B-- H— vom 4.6.2003 als Anlage KB 6 ein, in dem sein Betriebskonzept für besser als das der Streitverkündeten angesehen wird. Das KG untersagte der Beklagten durch Urteil - 2 U 59/03 - vom 26.6.2003, den Forst an einen anderen als den Kläger zu veräußern und stellte zur Begründung u.a. auf das von dem Kläger eingereichte Gutachten ab.
In dem zeitgleich geführten Hauptsacheverfahren, in dem die Streithelfer auf Seiten der Beklagten mit Schriftsatz vom 14.1.2003 beitraten, sollte nach dem Beschluss des LG Berlin vom 14.3.2003 - 3 O 503/02 - ein Sachverständigengutachten über die Behauptung des Klägers, dass sein Betriebskonzept ggü. dem der Streith...