Leitsatz (amtlich)
Die Abrechnung über Betriebskosten darf (nur) auf Sollbasis erfolgen, wenn Vorauszahlungen für den betreffenden Zeitraum zuvor eingeklagt oder tituliert worden sind.
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 29 O 12/13) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I. Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Das LG hat die Klage hinsichtlich der Forderung auf Zahlung von Nebenkostenvorschüssen für Januar und Juni 2010, die im Jahre 2013 - nach Erstellung der Nebenkostenabrechnung vom 24.8.2011 - Klage erweiternd geltend gemacht worden ist, zu Recht abgewiesen.
Das angefochtene Urteil weist zutreffend darauf hin, dass nach einhelliger obergerichtlicher Rechtsprechung der Vermieter nach Erteilung der Abrechnung bzw. vom Zeitpunkt der Abrechnungsreife an einen Anspruch auf Nebenkostenvorauszahlungen für den betreffenden Abrechnungszeitraum nicht mehr geltend machen kann, sondern nur noch die Beträge verlangen kann, die sich aus der Abrechnung ergeben (BGH, Urt. v. 16.6.2010 - VIII ZR 258/09, NJW 2011, 145, Tz. 22 m w. N.; BGH, Urt. v. 26.9.2012 - XII ZR 112/10, NJW 2013, 41, Tz. 29; OLG Hamburg, Urt. v. 2.11.1988 - 4 U 150/88, NJW-RR 1989, 82; OLG Frankfurt, Urt. v. 23.4.1999 - 24 U 110/97, ZMR 1999, 628; OLG Düsseldorf; Urt. v. 9.3.2000 - 10 U 194/98, ZMR 2000, 287; OLG Hamburg, Urt. v. 21.1.2004 - 4 U 100/03, ZMR 2004, 509; OLG Düsseldorf, Urt. v. 27.1.2005 - 10 U 105/04 - GuT 2005, 53; OLG Brandenburg, Beschl. v. 8.5.2006 - 3 W 18/06, WM 2006, 579). Hieran ist trotz einzelner abweichender instanzgerichtlicher Entscheidungen und Stimmen im Schrifttum (insbesondere Schmid ZMR 2007, 555) festzuhalten. Dem Vermieter, der über die Nebenkosten bereits abgerechnet hat oder hätte abrechnen müssen, steht trotz (vormaligen) Zahlungsverzuges des Mieters kein schutzwürdiges Interesse mehr zu, die Vorauszahlungen, die seine Aufwendungen vorübergehend abdecken sollten, unabhängig vom Ergebnis der vorliegenden oder überfälligen Abrechnung zu erhalten.
In der Nebenkostenabrechnung sind grundsätzlich die vom Mieter im Abrechnungszeitraum tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen in Abzug zu bringen (BGH, Beschl. v. 23.9.2009 - VIII ZA 2/08, NJW 2009, 3575, Tz. 6; BGH, Urt. v. 18.5.2011 - VIII ZR 240/10, NJW 2011, 2786, Tz. 16; s. a. VerfGH Berlin - Beschl. v. 11.10.2001 - 7/01, NJW-RR 2002, 80), denn der Mieter soll die ihm angelasteten Kosten aus der Abrechnung ersehen und überprüfen können.
Allerdings entspricht eine Abrechnung, in der lediglich die geschuldeten Vorschüsse aufgeführt sind, jedenfalls dann den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Betriebskostenabrechnung, wenn zum Zeitpunkt der Erteilung der Abrechnung der Mieter für den Abrechnungszeitraum keinerlei Vorauszahlungen erbracht hat, die offenen Vorauszahlungsansprüche vom Vermieter bereits eingeklagt sind und auch noch keine Abrechnungsreife eingetreten ist (BGH, Versäumnisurteil v. 27.11.2002 - VIII ZR 108/02 - NZM 2003, 196, Tz. 8). Mit Urt. v. 22.1.2003 - VIII ZR 244/02 - (NJW 2003, 1246, Tz. 16) hat der BGH in einem Fall, in dem die Vorauszahlungen für einen Abrechnungszeitraum teilweise gezahlt waren, gebilligt, dass der Vermieter die Bruttomiete geltend macht, auf die darin enthaltenen Nebenkostenvorauszahlungen die nach seiner Abrechnung geschuldeten Nebenkosten anrechnet und den zugunsten des Beklagten verbleibenden Saldo mit der geschuldeten Nettomiete verrechnet; dadurch werde der Mieter im Ergebnis nicht schlechter gestellt als bei einer isolierten Nebenkostenabrechnung, weil der überschießende Betrag ihm auf jeden Fall gut gebracht wird. Hieran anknüpfend erachtet es der erkennende Senat für möglich, während eines laufenden Rechtsstreits über die Nebenkosten-vorschüsse (oder nach dessen Abschluss) unter Berücksichtigung schon eingeklagter (bzw. titulierter) Sollvorauszahlungen abzurechnen - auch wenn diese nur einen Teil des Abrechnungszeitraums betreffen und der Mieter die Vorschüsse im Übrigen geleistet hat - und die Klage nur in Höhe eines sich zugunsten des Vermieters ergebenden Saldos zu erweitern bzw. nur in Höhe eines sich zugunsten des Mieters ergebenden Saldos für erledigt zu erklären (ebenso Langenberg, Betriebs- und Heizkostenrecht, 7. Aufl., Rz. G 81). Diese Möglichkeit erscheint prozessual sinnvoll und auch interessengerecht. Dem durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter, auf den insoweit abzustellen ist, wird, wenn er schon zuvor auf Zahlung der Vorschüsse verklagt (oder gar verurteilt) worden ist, aus einer solchen Abrechnung ohne weiteres erkennbar, dass die eingeklagten Vorausz...