Normenkette
VOL/A §§ 3, 3a; GWB § 107 Abs. 2 S. 2; GWB § Abs. 3 S. 2; VgV § 13
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der ersten Beschlussabteilung der Vergabekammer des Landes Berlin vom 23.8.2002 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Gerichtskosten und hat dem Antragsgegner dessen außergerichtliche Kosten zu erstatten; i.Ü. sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Der Verfahrenswert wird auf 8.523,75 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf eine nach Maßgabe der Basisparagrafen der VOL/A durchgeführte öffentliche Ausschreibung, die den Abschluss von Rahmenverträgen über Kauf und Lieferung von Computern und Monitoren (Los A) und Druckern (Los B) zum Gegenstand hatte und deren Netto-Gesamtwert die Vergabestelle auf 183.378,10 Euro geschätzt hatte. Die Beschwerdeführerin hat sich daran mit Angeboten auf beide Lose beteiligt; dasjenige für Los A hat keine Berücksichtigung gefunden. Am 15.7.2002 hat die Vergabestelle den Zuschlag insoweit anderweitig erteilt; am 16.7.2002 hat sie die Antragstellerin darüber unterrichtet. Unverzüglich nach Erhalt des Ablehnungsschreibens gem. § 27 Nr. 3 VOL/A rügte die Beschwerdeführerin die Gründe für den Ausschluss und reichte einen Nachprüfungsantrag ein, nach dessen letzter Fassung die Vergabestelle verpflichtet werden sollte, ihr den Zuschlag für Los A zu erteilen. Die Vergabekammer hat den Antrag zugestellt, aber als unzulässig verworfen, weil der maßgebliche Schwellenwert des Auftrags von 200.000 Euro nicht erreicht sei.
Dagegen wendet die Beschwerdeführerin sich mit der form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde. Sie meint, das Vergabeverfahren hätte wegen Überschreitens des einschlägigen Schwellenwertes gemeinschaftsweit ausgeschrieben werden müssen und hält die Zuschlagserteilung wegen unterbliebener Vorinformation nach § 13 VgV für nichtig. In der Hauptsache beantragt sie, die angefochtene Entscheidung der Vergabekammer aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihr den Zuschlag auf ihr Angebot für Los A zu erteilen; hilfsweise, festzustellen, dass sie durch die gerügten Vergabeverstöße in ihren Rechten verletzt sei.
Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung der Beschwerde. Er verteidigt den angefochtenen Beschluss. Die Beigeladene stimmt den Ausführungen des Antragsgegners zu, stellt aber selbst keinen Antrag.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.
Der Senat hat den von der Antragstellerin gestellten Antrag, die aufschiebende Wirkung zu verlängern, durch Beschluss vom 17.9.2002 als unzulässig zurückgewiesen, weil der Zuschlag bereits wirksam erteilt sei und dazu ausgeführt:
„Die Verlängerung des Zuschlagsverbots gem. § 118 Abs. 1 S. 3 GWB auszusprechen (vgl. KG, NZBau 2000, 262 f.) ginge ins Leere, weil bereits die Zustellung des Nachprüfungsantrags durch die Vergabekammer das Vergabeverfahren nicht mehr i.S.v. § 115 Abs. 1 GWB suspendieren konnte.
Der geschlossene Vertrag betreffend das Los A ist entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gem. § 13 VgV nichtig, weil die Vergabestelle überhaupt keine Vorinformationen im Sinne dieser Vorschrift erteilt hat. Sie hat davon abgesehen, weil sie das Vergabeverfahren nach dem ersten Abschnitt der VOL/A abgewickelt hat und § 13 VgV hier nicht gilt. Ihre Absicht, nur die Basisparagrafen der VOL/A anzuwenden, ging aus der Vergabebekanntmachung auch unstreitig erkennbar hervor. Die Beschwerdeführerin hätte, um sich die Zulässigkeit ihrer jetzt erhobenen Rügen zu erhalten, die Wahl der öffentlichen Ausschreibung als Verfahrensart bis zum Ende der in der Bekanntmachung genannten Angebotsfrist (28.5.2002) beanstanden müssen (§ 107 Abs. 2 S. 3 GWB).
Unter „Bekanntmachung” im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur die Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (§ 17a Nr. 1 Abs. 2 VOL/A) zu verstehen, die hier typischerweise unterblieben ist, weil die Vergabestelle nicht gemeinschaftsweit ausschreiben wollte und nicht ausgeschrieben hat, sondern jede Bekanntgabe einer öffentlichen Ausschreibung in Tageszeitungen oder, wie hier, in einem amtlichen Veröffentlichungsblatt. Die falsche Bestimmung des Schwellenwertes und die Wahl der falschen Vergabeart sind typische aus der Bekanntmachung erkennbare Verstöße gegen bieterschützende Vergabebestimmungen (vgl. Portz in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz, Kommentar zum Vergaberecht, § 107 Rz. 38).
Die Präklusion erfasst hier nicht nur die angeblich falsche Wahl der Verfahrensart, also die Wahl der öffentlichen Ausschreibung i.S.v. § 3 Nr. 1 Abs. 1 VOL/A an Stelle des offenen Verfahrens i.S.v. § 3a Nr. 1 Abs. 1 VOL/A, § 101 Abs. 2 GWB als solche. Vielmehr ist die Beschwerdeführerin zugleich mit solchen Beanstandungen ausgeschlossen, die mit der Wahl der Verfahrensart bestimmungsgemäß zusammenhängen. Dieser unmittelbare Zusammenhang besteht im materiellen Vergaberecht insb. zwischen der Wahl der Vergabeart und der Berechnung des Schwelle...