Leitsatz (amtlich)
Auch im Fall der Ergänzung eines Beschlusses analog § 321 ZPO läuft die Antragsfrist des § 321 Abs. 2 ZPO erst ab einer Zustellung der Ausgangsentscheidung, unabhängig davon, ob diese nach § 329 ZPO zustellungsbedürftig war (Anschluss an OLG Karlsruhe NJW 2014, 2053).
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 10.09.2014; Aktenzeichen 2 O 354/01) |
AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 01-1071 743-1-5) |
Nachgehend
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Berlin (Rechtspflegers) vom 10.9.2014 - 2 O 354/01- wird auf seine Kosten nach einem Wert von bis 1.500 EUR zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Mit Vollstreckungsbescheid vom 19.6.2001 ist der Schuldner verpflichtet worden, an die T...GmbH & Co H.KG 260.000 DM nebst Zinsen und Kosten zu zahlen. Am 12.10.2011 ist das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gläubigerin eröffnet worden. Rechtsanwalt Dr. S.ist zum Insolvenzverwalter ernannt worden.
Der Antragsteller, bei dem es sich um den ehemaligen Geschäftsführer der Gläubigerin handelt, hat mit Schriftsatz vom 18.9.2013 beantragt, den Vollstreckungsbescheid auf ihn umzuschreiben und ihm eine zweite vollstreckbare Ausfertigung zu erteilen, und sich zur Begründung auf eine mit Datum vom 5.11.2009 versehene Abtretungsvereinbarung berufen.
Der Insolvenzverwalter und der Schuldner sind dem Antrag jeweils mit Anwaltsschreiben vom 01.11. bzw. 4.11.2013 entgegen getreten. Der Rechtspfleger des LG hat den Antrag mit Beschluss vom 13.1.2014, der keine Kostenentscheidung enthält, zurückgewiesen (Bl. 58 d.A.). Der Beschluss ist dem Antragstellervertreter am 24.1.2014 zugestellt und an die anwaltlichen Vertreter des Gläubigers und des Schuldners formlos am 13.1.2014 abgesandt worden (Bl. 60 d.A.). Die gegen den Beschluss vom 13.1.2014 eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers ist vom Einzelrichter des Senats mit Beschl. v. 12.5.2014 - 8 W 20/14 - zurückgewiesen worden.
Mit Anwaltsschriftsatz vom 1.8.2014 (Bl. 150 d.A.) hat der Schuldner beantragt, den Beschluss vom 13.1.2014 gem. § 321 ZPO um eine Kostenentscheidung zu ergänzen, und hat dabei die Ansicht vertreten, dass mangels förmlicher Zustellung die Frist des § 321 Abs. 2 ZPO nicht in Gang gesetzt worden sei. Der Antragsteller ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 14.8.2014, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 166-168 d.A.), entgegen getreten.
Mit Beschluss vom 10.9.2014 (Bl. 177 d.A.) hat der Rechtspfleger des LG seinen Beschluss vom 13.1.2014 "gemäß § 319 ZPO dahin berichtigt", dass der Antragsteller die Kosten des Verfahrens gem. § 91 ZPO zu tragen hat. Gegen den ihm am 19.9.2014 zugestellten Beschluss hat der Antragstellervertreter am 6.10.2014 sofortige Beschwerde eingelegt. Auf den Inhalt des Beschwerdebegründungsschriftsatzes (Bl. 191-193 d.A.) wird verwiesen. Der Rechtspfleger hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem KG vorgelegt (Beschluss vom 27.10.2014, Bl. 203 d.A.).
Der Einzelrichter des Senats hat das Verfahren gem. § 568 S. 2 Nr. 1 und 2 ZPO dem Beschwerdegericht zur Entscheidung in seiner vollen Besetzung übertragen.
II. Die gem. §§ 319 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG statthafte sofortige Beschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt (§ 569 ZPO).
Sie ist aber im Ergebnis nicht begründet.
1) Allerdings hat der Rechtspfleger die Kostenentscheidung zu Unrecht im Wege der Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO ergänzt. Eine Berichtigung setzt eine versehentliche Abweichung des vom Gericht Erklärten von dem von ihm Gewollten voraus. Eine falsche Willensbildung des Gerichts kann hingegen nicht mit Hilfe dieser Bestimmung korrigiert werden. Die Abweichung muss zudem "offenbar" sein, d.h. sie muss sich aus dem Zusammenhang des Urteils oder Beschlusses selbst oder zumindest aus den Vorgängen bei seinem Erlass nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne weiteres erkennbar sein. Hat das Gericht hingegen einen bestimmten Ausspruch - auch versehentlich- nicht gewollt, kommt eine Berichtigung nach § 319 Abs. 1 ZPO nicht in Betracht, sondern nur eine - fristgebundene - Ergänzung nach § 321 ZPO (BGH MDR 2013, 807 Tz 2).
Bei einem völligen Fehlen der Kostenentscheidung ist eine Berichtigung nach § 319 ZPO nur zulässig, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls erkennbar ergibt, dass das Gericht eine solche gewollt hat, jedoch die Umsetzung dieses Willens versehentlich unterblieben ist. Das ist vom BGH etwa in Fällen bejaht worden, in denen seine Beschlüsse über die Zurückweisung der Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 Abs. 4 ZPO) keine Kostenentscheidung enthielten. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass ein "für alle Beteiligten offenbares Versehen" vorliege, da eine Kostenentscheidung in solchen Beschlüssen seiner "ständigen Übung" entspreche und Gründe für ein Absehen von einer Entscheidung erkennbar nicht in Betracht kämen (s. AnwBl. 2010, 68; Beschl. v. 8.7.1993 -...