Entscheidungsstichwort (Thema)
Besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Fachkenntnisse eines Diplom-Politologen
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Betreuer, der ein Hochschulstudium der Politikwissenschaft abgeschlossen hat, liegen besondere, für die Führung einer Betreuung nutzbaren Fachkenntnisse i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG jedenfalls dann vor. Wenn sein Aufgabenkreis die Vertretung des Betreuten in finanziellen Angelegenheiten und vor Behörden und Einrichtungen umfasst.
Verfahrensgang
LG Berlin (Beschluss vom 25.10.2002; Aktenzeichen 87 T 526/00) |
AG Berlin-Mitte (Aktenzeichen 52-XVII S 841) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
Die am 28.11.2002 eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Bezirksrevisor) gegen den ihm am 14.11.2002 zugestellten Beschluss des LG vom 25.10.2002 ist gem. den §§ 69e, 56g Abs. 5, 27 und 29 Abs. 2 FGG zulässig. Insbesondere hat das LG die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.
In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht nicht auf einer Verletzung des Gesetzes, worauf die weitere Beschwerde allein mit Erfolg gestützt werden kann (§§ 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das LG die Vergütungsbemessung für den Beteiligten zu 1) in der Zeit vom 27.10.1999 bis 27.1.2000 anhand eines Stundensatzes von 60 DM gebilligt hat.
Zutreffend geht das LG davon aus, dass dem als Berufsbetreuer tätigen Beteiligten zu 1) ein Anspruch auf Vergütung seiner Betreuerleistung nach §§ 1908i, 1836 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 BGB zusteht und sich dieser Anspruch wegen Mittellosigkeit des früher Betreuten, eines von Sozialhilfe abhängigen Künstlers, gegen die Landeskasse richtet (§ 1836a Abs. 1 BGB). Zu Recht hat das LG auch die Voraussetzungen für eine Vergütungsbemessung nach § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung bejaht und dem Beteiligten zu 1) den von ihm begehrten Stundensatz von 60 DM zugebilligt. Es durfte nach dem von ihm festgestellten Tatsachen und deren Wertung davon ausgehen, dass der Beteiligte zu 1) als Diplom-Politologe über besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt und diese durch ein Hochschulstudium erworben hat.
Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG a.F. ist für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit aus der Staatskasse 35 DM zu zahlen. Diese Mindestvergütung erhöht sich auf 60 DM, wenn der Betreuer über besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die durch eine abgeschlossene Ausbildung an einer Hochschule oder durch eine vergleichbare abgeschlossene Ausbildung erworben worden sind (§ 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG a.F.).
Besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse sind Kenntnisse, die - bezogen auf ein bestimmtes Rechtsgebiet - über ein Grundwissen deutlich hinausgehen und den Betreuer befähigen, seine Aufgaben besser und effektiver zu erfüllen (BayObLGZ 2000, 81). Notwendig ist dabei nicht, dass die vorhandenen Kenntnisse das gesamte Anforderungsprofil der Betreuung abdecken. Es reichen auch Kenntnisse zur Bewältigung eines bestimmten Aufgabenkreises aus (BT-Drucks. 13/7158, 14, 15). Da es sich bei der Betreuung in ihrem Wesen um eine rechtliche Betreuung handelt (§ 1901 Abs. 1 BGB), kommt rechtlichen Kenntnissen eine grundlegende Bedeutung zu, insb. Kenntnissen im Gesundheits-, Zivil-, Sozialleistungs- und Versorgungs-, Verwaltungs- und Steuerrecht einschließlich des jeweiligen Verfahrensrechts (BayObLGZ 2000, 81). Betreuungsrelevant sind darüber hinaus auch - je nach den übertragenen Aufgabenkreisen - Kenntnisse in den Bereichen Medizin, Psychologie, Sozialarbeit und Sozialpädagogik, Soziologie und Wirtschaft (KG BtPrax 2002, 167 m.w.N.).
Durch welche Ausbildungsgänge für eine Betreuung nutzbare Fachkenntnisse erworben worden sind, hat der Gesetzgeber offen gelassen. Jedoch ist ein erhöhter Stundensatz nicht bereits deshalb gerechtfertigt, weil die Ausbildung wegen der Komplexität der betreffenden Fachrichtung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hatte. Erforderlich ist vielmehr, dass die Ausbildung in ihrem Kernbereich auf Vermittlung solcher Fachkenntnisse ausgerichtet war, wie das etwa bei den Studiengängen Rechtswissenschaften, Rechtspflege, Medizin, Psychologie, Sozialarbeit, Soziologie und Betriebswirtschaft regelmäßig der Fall ist. Dabei steht der Annahme, dass die Vermittlung bereuungsrelevanten Wissens zum Kernbereich der Ausbildung gehörte, nicht schon entgegen, dass die Ausbildung schwerpunktmäßig eine andere Zielrichtung hatte. Erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet war, das Niveau des dadurch erworbenen betreuungsrechtlichen Gesamtwissens über ein Grundwissen deutlich hinausging und dieses Wissen selbständiger Teil der Prüfung war (KG BtPrax 2002, 167 m.w.N.; BayObLG v. 6.9...