Leitsatz (amtlich)

1. Bei einer Ausbildung in der ehemaligen DDR steht der Umstand, dass die Ausbildung je nach Fachrichtung in mehr oder weniger großem Umfang auf die Besonderheiten des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems der DDR bezogen war, wie insbesondere bei der Vermittlung rechtlicher und ökonomischer Kenntnisse, deren Berücksichtigung als betreuungsrelevant jedenfalls bei feststehender Gleichwertigkeit des Ausbildungsabschlusses mit einem entsprechenden Ausbildungsabschluss in den alten Bundesländern nicht entgegen.

2. Ein Berufsbetreuer, der in der ehemaligen DDR nach einer Ausbildung zum Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik ein postgraduales Hochschulstudium mit dem Abschluss als Patentingenieur absolviert hat, dessen Gleichwertigkeit mit einem entsprechenden Hochschulstudium in den alten Bundesländern behördlich bescheinigt worden ist, verfügt über besondere, für die Führung der Betreuung nutzbare Kenntnisse, die durch ein abgeschlossenes Hochschulstudium erworben sind.

 

Normenkette

BGB §§ 1836, 1836a; BVormVG § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 87 T 125/00,)

AG Berlin-Wedding (Aktenzeichen 50 XVII 2604)

 

Tenor

1. Der angefochtene Beschluss wird geändert und wie folgt neu gefasst:

a) Auf die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird in Änderung des Beschluss des AG Wedding vom 2.2.2000 dem Beteiligten zu 1) über den darin bereits bewilligten Betrag von 2.241,02 DM hinaus eine weitere Vergütung von 266,27 Euro aus der Landeskasse Berlin bewilligt.

b) Die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des AG Wedding vom 2.2.2000 wird zurückgewiesen.

2. Der Beschwerdewert wird für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde auf 800 bis 900 DM festgesetzt.

3. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die am 27.3.2001 zu Prot. der Geschäftsstelle des KG eingelegte sofortige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den ihm am 16.3.2001 zugestellten Beschluss des LG vom 2.3.2001 ist gem. den §§ 56g Abs. 5, 69e und 29 Abs. 2 FGG statthaft und auch sonst zulässig. Insbesondere hat das LG das Rechtsmittel zugelassen. Der Beteiligte zu 1) ist durch den angefochtenen Beschluss gem. § 20 FGG beschwert, weil das LG seine sofortige Beschwerde gegen die teilweise Zurückweisung seines Antrages auf Bewilligung einer Betreuervergütung von 2.761,80 DM durch den Beschluss des AG vom 2.2.2000 zurückgewiesen und darüber hinaus auf die Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 2) den Beschluss teilweise wegen einer Vergütung von 347,06 DM aufgehoben hat.

In der Sache hat die sofortige weitere Beschwerde, mit der der Beteiligte zu 1) geltend macht, für den Zeitraum vom 1.1. bis 31.10.1999 stehe ihm aufgrund seiner Ausbildung ein Stundensatz von 60 DM gem. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BVormVG zu, in vollem Umfang Erfolg. Das LG hat bei der Bemessung der dem Beteiligten zu 1) zu gewährenden Betreuervergütung rechtsfehlerhaft nur einen Stundensatz von 35 DM zugrunde gelegt. Der angefochtene Beschluss ist daher zu ändern. Einer Zurückverweisung der Sache an das LG bedarf es nicht, weil der Senat aufgrund des vorliegenden Rahmenstudienplans der H.-Universität von 1971 für das postgraduale Studium des Beteiligten zu 1) zur Ausbildung als Patentingenieur und des nunmehr vollständig vorliegenden Fachstudienplans von 1972 den Sachverhalt eigenständig würdigen kann (vgl. BayObLG v. 6.9.2000 – 3Z BR 214/00, BayObLGReport 2001, 5 = FamRZ 2001, 187 [188]).

Mit Recht zieht das LG für die Beurteilung der Frage, in welcher Höhe dem Beteiligten zu 1) für die Betreuung der Betroffenen in dem Zeitraum vom 1.1. bis 31.10.1999 eine Vergütung zusteht, die §§ 1908i, 1836 Abs. 1 und Abs. 1, 1836a, 1836c und 1836d in der seit dem 1.1.1999 geltenden Fassung heran. Für die seitdem erbrachten Leistungen des Beteiligten zu 1) sind die genannten materiell-rechtlichen Vorschriften maßgeblich, die durch das Betreuungsrechtsänderungsgesetz vom 25.6.1998 (BGBl. I 1580) eingeführt worden und gem. Art. 5 Abs. 2 BtÄndG zum 1.1.1999 in Kraft getreten sind. Unbeanstandet und zutreffend hat das LG angenommen, dass der Beteiligte zu 1) Berufsbetreuer i.S.v. § 1836 Abs. 1 S. 2 BGB und die Betroffene mittellos i.S.d. §§ 1836a, 1836c und 1836d BGB ist. Zutreffend geht das LG auch davon aus, dass sich die Höhe des Stundensatzes für die vom Beteiligten ab dem 1.1.1999 erbrachten Betreuungsleistungen wegen der Mittellosigkeit der Betroffenen nach den §§ 1908i, 1836 Abs. 1 und 2, 1836a BGB sowie § 1 BVormVG richtet. Dabei bestimmt die Regelung in § 1 BVormVG, die verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. BVerfG BtPrax 2000, 120), in der bis 31.12.2001 geltenden Fassung, dass die dem Betreuer aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung für jede Stunde der für die Führung der Betreuung aufgewandten und erforderlichen Zeit 35 DM beträgt (§ 1 Abs. 1 S. 1 BVormVG). Nach § 1 Abs. 1 S. 2 BVormVG erhöht sich diese Vergütung, wenn der Betreuer über besondere Kenntnisse verfügt, die für die Führung der Vormundschaft nutzbar sin...

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