Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen für die Bestellung eines Notvorstands in einer Aktiengesellschaft nach § 85 Abs. 1 Satz 1 AktG sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen. Dies betrifft auch seine Antragsberechtigung. Zum Nachweis der Aktionärsstellung reicht der Hinweis auf ein Handbuch über Unternehmensbeteiligungen, in der eine entsprechende Aktionärsstellung wiedergegeben wird, grundsätzlich nicht aus.
Normenkette
AktG § 85 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
LG Berlin (Aktenzeichen 102 T 76/06) |
AG Berlin-Charlottenburg (Aktenzeichen 93 AR 1/04 B) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5) wird als unzulässig verworfen. Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) werden zurückgewiesen.
Die Beteiligten zu 1), 2) und 5) haben die der Beteiligten zu 4) in diesem Verfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten nach einem Wert von 3.000 EUR zu erstatten.
Gründe
A. Auf den Antrag der Beteiligten zu 1) vom 27.1.2006 bestellte das AG Charlottenburg für die Gesellschaft mit Beschluss vom 1.2.2006 den Beteiligten zu 2) zum Notvorstand der Gesellschaft. Die Beteiligte zu 4) ist aufgrund eines Beschlusses vom 8.5.1998 vom AG Mitte nach dem Zuständigkeitsergänzungsgesetz zur Abwesenheitspflegerin für die B.O.L. AG als Gesellschafterin der Beteiligten zu 3) bestellt worden. In dieser Eigenschaft hat sie gegen den Beschluss vom 1.2.2006 mit Schreiben vom 22.2.2006 Beschwerde erhoben. Auf diese Beschwerde hat das LG die Bestellung vom 1.2.2006 mit Beschluss vom 15.8.2006 aufgehoben. Hiergegen haben die Beteiligten zu 1), 2) und 5) mit Schriftsatz vom 2.9.2006 weitere Beschwerde eingelegt, die mit Schriftsatz vom 18.11.2006 näher begründet und mit Schriftsatz vom 26.1.2007 hinsichtlich der Rechtsmittelführer klargestellt worden ist.
B.I. Die sofortigen weiteren Beschwerden sind nur teilweise zulässig.
1. Die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5) ist als unzulässig zu verwerfen. Es fehlt an der auch für das Rechtsmittel der weiteren Beschwerde notwendigen Beschwerdeberechtigung nach § 20 FGG. Der Beschluss des LG betrifft die Aufhebung der auf Antrag der Beteiligten zu 1) erfolgten Bestellung des Beteiligten zu 2) zum Notvorstand. Über den von der Beteiligten zu 5) gestellten Antrag auf Bestellung eines Notvorstands vom 26.7.2004 ist bisher nicht entschieden worden. Es fehlt damit bereits an den Voraussetzungen nach § 20 Abs. 2 FGG. Eine Beschwerdeberechtigung ergibt sich auch nicht ausnahmsweise daraus, dass mit dem Beschluss des LG vom 15.8.2006 die Aufhebung des mit ihrem Antrag übereinstimmenden Bestellungsbeschlusses vom 1.2.2006 angeordnet worden ist, so dass zu erwarten ist, dass auch ihr eigener Antrag keinen Erfolg haben wird. Für eine Beschwerdeberechtigung nach § 20 Abs. 2 FGG wird es zwar aus Gründen der Prozessökonomie als ausreichend angesehen, wenn der Beschwerdeführer den beschiedenen Antrag zwar nicht selbst gestellt hat, ihn aber hätte wirksam stellen können (vgl. BGH v. 21.1.1993 - IX ZR 275/91, MDR 1993, 526 = NJW 1993, 663; KG v. 10.4.1990 - 1 W 5405/87, MDR 1990, 1023 = NJW-RR 1990, 1292; Keidel/Kahl, Frewillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 20 Rz. 53). Eine solche Ausnahme ist hier nicht gegeben. Denn der Antrag der Beteiligten zu 5) hätte schon wegen ihrer fehlenden Antragsbefugnis keinen Erfolg haben können. Die Bestellung eines Notvorstands nach § 85 Abs. 1 Satz 1 AktG setzt den Antrag eines Beteiligten voraus. Als Beteiligter ist dabei - insoweit in Entsprechung zu § 29 BGB - jeder anzusehen, der ein schutzwürdiges, nämlich rechtliches Interesse an der zu besorgenden Angelegenheit hat (vgl. Jansen/Briesemeister, a.a.O., § 20 Rz. 23; zu § 85 AktG: Hüffer, AktG, 7. Aufl., § 85 Rz. 4; Großkommentar/Kort, AktG, 4. Aufl., § 85 Rz. 39; Münchener Kommentar/Hefermehl/Spindler, AktG, 2. Aufl., § 85 Rz. 8; zu § 29 BGB: Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 29 Rz. 4; Münchener Kommentar/Reuter, BGB, 5. Aufl., § 29 Rz. 13; zu § 2227 BGB: BGHZ 35, 296 = NJW 1961, 1717; Senat, Beschl. v. 22.2.2005 - 1 W 234/02, KGReport Berlin 2005, 462 = NJW-RR 2005, 809 = Rpfleger 2005, 435 = FamRZ 2005, 1595). Der Beteiligtenbegriff ist damit weit zu verstehen, einer Beeinträchtigung eines Rechts i.S.d. § 20 FGG bedarf es nicht (Jansen/Briesemeister, a.a.O.). In Abgrenzung zu einer unbeschränkten Antragsbefugnis reicht aber ein nur mittelbares rechtliches Interesse nicht aus (BayObLG v. 27.3.2000 - 3 Z BR 354/99, NJW-RR 2000, 1198). Eine derartige nur mittelbare Beeinträchtigung ist aber für die Beteiligte zu 5) gegeben, die lediglich geltend macht, die Aktionärin einer Aktionärin der hier betroffenen Gesellschaft zu sein.
2. Die sofortigen weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) sind zulässig.
Die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 22 Abs. 1 Satz 1 FGG, die hier nach den §§ 29 Abs. 2, 145 Abs. 1, 146 Abs. 1 Satz 1 FGG anzuwenden ist, ist mit dem durch anwaltlichen Schriftsatz am 2.9.2006 eingelegten Rechtsmittel gewahrt, weil der Beschluss des LG am 19.8.2...